Zapfenstreich: Wie Sozialdemokraten und Verbraucherschützer versagen
Arme Regierung: Wer solch eine Opposition hat, der kann keine gute Politik betreiben. In Berlin beschäftigt sich die SPD mehr mit der Frage, wer am Großen Zapfenstreich zur Verabschiedung von Christian Wulff teilnimmt, als wie es mit Europa weitergeht. Lächerlich.
Zeitgleich mit dem völlig unwichtigen Non-Ereignis in Berlin lief die Frist für die Annahme der „freiwilligen“ Umtauschaktion von Hellas-Bonds ab. Hier entscheidet sich die Zukunft Europas und die Opposition hatte es bisher versäumt, eine eigenständige Alternative zu der aktuellen Krisenverlängerungspolitik der Bundesregierung zu entwickeln und dafür in der Öffentlichkeit zu werben. Natürlich sind Kommentare zum Ehrensold oder der Ausstattung des scheidenden Bundespräsidenten einfacher zu formulieren als wirtschaftspolitische Statements. Erneut rächt sich für die SPD, dass man mit Andrea Nahles eine interne Strippenzieherin zur Generalsekretärin gemacht hat, die keinen erkennbaren Sachverstand in irgendeinem wichtigen Wirtschaftsthema vorweisen kann. Politisches Agenda-Setting findet unter Nahles schon seit Jahren nicht mehr statt.
Für den öffentlichen Eindruck des Desinteresses an Europa und der Krisenpolitik der Krisenpolitik kann jedoch Nahles, deren Meinung kaum noch jemand in Berlin wissen will, diesmal nichts. Sie hatte frühzeitig die Debatte um den Ehrensold als „kleinlich“ gebrandmarkt. Das hielt die Männer in ihrer Fraktion freilich nicht davon ab, immer weiter unwichtige Themen öffentlich zu kommentieren:
»Wenn alle lebenden Altbundespräsidenten eine Teilnahme an der Zeremonie ablehnen, kann ich Christian Wulff nur raten, nicht auf einem Zapfenstreich zu bestehen. « (Frank-Walter Steinmeier)
»Da wird einer, der im Amt gescheitert ist, so verabschiedet, als habe er Großes für Deutschland geleistet. « (Siegmar Gabriel)
Inzwischen will die SPD die Altersbezüge des Bundespräsidenten auf 140.000 Euro reduziert wissen. Solch konkrete Vorschläge und pointierte Formulierungen wünscht man sich beim Thema Staatsschuldkrise in Europa schon länger.
Anlegerschutz mit Füßen getreten
In dieser Woche wurden private Anleger unter massivem Zeitdruck zu einer Entscheidung über die Umtauschbedingungen von Griechenland gedrängt. Die Informationslage war katastrophal und ob Griechenland damit über den Berg kommt, ist weiterhin völlig unklar, da die EU-Finanzminister erst einen Tag später entscheiden wollen, ob sie 130 Milliarden Euro freigeben wollen. Die Rechtsfolgen sind für diejenigen völlig unklar, die jetzt einmal zustimmen. Der Zeitdruck war immens und jedes Haustürgeschäft wäre unter solchen Bedingungen schwebend unwirksam. Wenn man so will, wurden hier übelste Drücker-Methoden eingesetzt. Kein Kommentar von Verbraucherschützern dazu im politischen Berlin. Warum auch, wenn man über Gästelisten und Lieder beim Zapfenstreich streiten kann.