Spaniens Fußballerfolge helfen nicht vor falscher Politik
Politiker sind beratungsresistent. Spaniens Premier Maraino Rajoy ist ein ganz besonders hartnäckiger Fall. Jetzt will Rajoy im falschen Moment sparen. Für sein Land hat das schlimme Folgen.
Geld gibt es von anderen Ländern gegen Auflagen. Das hört sich gut – manche würden sagen deutsch – an. Dabei ist die Krisenpolitik in Europa längst gescheitert und Staaten wie Spanien und vielleicht bald Italien müssen das ausbaden.
Rajoy seit Dezember 2011 im Amt
Die spanische Regierung von Mariano Rajoy ist ohnehin nach wenigen Monaten und vier Sparpaketen bereits unbeliebt im eigenen Land. Zu Recht. Längst buhlt der Premier lieber um ein freundliches Kopfnicken der Partner in Europa als um Zustimmung im eigenen Land. Das zeigt wie sehr sich mancher Regierender von der Lebenswirklichkeit seiner Mitbürger abgekoppelt hat.
In den kommenden zweieinhalb Jahren will die spanische Regierung bis zu 65 Milliarden Euro sparen. Die Mehrwertsteuer steigt von 18 auf 21 Prozent. Bis 2014 soll das Defizit von aktuell acht auf dann drei Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Dafür gibt es einen Schulterklopfer von Angela Merkel und anderen erfahreneren Verhandlern auf europäischer Ebene. Richtig ist diese Politik deshalb nicht. Vorausschauend schon gar nicht. Im Sinne der Spanier auch nicht.
Spaniens Schulden
Die Lage in Spanien kann man so zusammenfassen: Das Land hatte bislang gar kein dramatisches Haushaltsproblem – zumindest nicht nach herkömmlichen haushaltsbezogenen Maßstäben. Von 36 Prozent der Wirtschaftsleistung 2007 stieg die Quote auf zuletzt 70 Prozent 2011. Für 2012 schätzt der Internationale Währungsfonds das Defizit auf knapp 80 Prozent. Spanien hat also selbst dann noch keine sehr hohen Schulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt.
Richtig ist aber: Spanien hat einen rasanten Aufwuchs der Schulden in den Regionen gesehen und der Trend ist dramatisch und geht weiter in die falsche Richtung.
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Nicht gierige Anleger sind verantwortlich für diese Situation, sondern eine ganze Politikergeneration in Spanien, Brüssel und sonstwo in Europa. Die Fixierung auf die Staatsschulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (Maastricht-Kriterium) war und ist der falsche, zu starre Maßstab. Niemand hat den Spaniern erklärt, dass das eigene Geschäftsmodell zu einseitig war für das Land.
Zurzeit hat Spanien eine Bankenkrise, die das Ergebnis dieser Wirtschaftspolitik ist. Im Land wurden zu viele Immobilien gebaut und vor allem von den eigenen Banken finanziert. Jetzt brennt dieses Strohfeuer ab, die Banken sitzen auf faulen Krediten und müssen jetzt mit 100 Milliarden Euro gestützt werden.
Privilegien müssen fallen
Die Fußballvereine schieben Steuerschulden in Höhe von 750 Millionen Euro vor sich her. Das ist bei aller Liebe zum Fußball nicht nur ein Ärgernis für die Konkurrenz aus München, Mailand und London. Es geht auch um Symbolik: Die Gehälter der Spieler fallen angesichts dieser indirekter Steuersubventionierungen zu üppig aus. Zudem zahlen Ronaldo & Co. bei Millionengehältern niedrige Steuersätze. Bislang sind die Fußballer in Spanien scheinbar unantastbar. Diese Rücksichtnahme ist falsch trotz aller Erfolge der spanischen Nationalmannschaft. Brot und Spiele war einmal. Jetzt ist Wirklichkeit.
Die spanische Gesellschaft sollte näher zusammenrücken und dabei darf es keine falschen Rücksichten geben. Das wäre das richtige Zeichen.
Was jetzt zu tun ist
Die Iberer müssen vor allem eine zu hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen bekämpfen. Diese gehen zurecht seit Monaten auf die Straße. Jüngst warnte die Internationale Arbeitsorganisation (Ilo) die Regierenden vor einer entstehenden Massenarbeitslosigkeit in Europa. Folge könnten auch soziale Unruhen sein. Bislang verliefen die Proteste relativ ruhig, aber das könnte sich ändern und fehlt noch völlig in den Erbsenzähler-Kalkulationen der Politiker in Europa. Wie wäre es also zur Abwechslung mal mit einem präventiven Politikansatz, also Wachstumsprogrammen, die jüngeren Arbeitnehmern eine Perspektive geben?
Aber wer wie Rajoy ein Konservativer ist, der hält auch an einer Politik fest, wenn sie offensichtlich falsch justiert ist.
Artikelbild: Spanische Fußballnationalmannschaft vor dem Finale gegen Italien. Wiki Commons. Football.ua