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Bundestagswahl 2013: Peer Steinbrück tritt für die SPD an

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28. September 2012

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Bundestagswahl 2013: Peer Steinbrück tritt für die SPD an

Am Morgen verdichteten sich die Meldungen. Zunächst wurde bekannt, dass Frank-Walter Steinmeier den Sozialdemokraten als Kandidat nicht mehr zur Verfügung steht. Später dann wurde von der SPD eine Pressekonferenz für den Nachmittag anberaumt. Steinbrück (65) soll es werden.

Bei der Vorstellung des Kandidaten, der am Montag in den Sattel gehoben werden soll, wiederholte Sigmar Gabriel den Satz von Steinbrück vom letzten Mittwoch. Angela Merkel will die „marktkonforme Demokratie“ und die SPD einen demokratiekonformen Markt. Diesen Zusammenhang hatte Erwin Pelzig in der Anstalt in seiner Wutrede hergestellt. Das soll offenbar das übergeordnete Wahlkampthema sein.

Keine Frage: Peer Steinbrück ist der richtige Kandidat, um die Sozialdemokraten nach der Schmach der letzten Bundestagswahl (23,0 Prozent) wieder in Richtung 30 Prozent zu führen. Parteienforscher hatten der SPD unisono zu der Personalie geraten. Steinbrück sei der schwierigste Herausforderer für Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Bundestagswahl. Steinmeier gilt zu sehr als Diplomat, lieb aber zahm. Erst vor wenigen Tagen hatte Markus Lanz Steinmeier durch eine Frage nach dessen Fähigkeit zum Kanzler diesen fast zum resignieren gebracht. Sigmar Gabriel selbst gilt immer noch als politisch zu leichtgewichtig.

Jedenfalls ist die Diskussion um die drei Fragezeichen der Sozialdemokraten ein Jahr vor der Wahl beendet. Steinbrück hatte erst vor wenigen Tagen ein Papier zur Bankenregulierung vorgestellt auch das hilft. Darin ging es vor allem um das Regulieren des Finanzmarktes. Mit den dort vertretenen Thesen dürfte sich jeder Linke in der SPD anfreunden können.

Nicht unumstritten in der Partei

Steinbrück ist bislang den Linken der eigenen Partei nur schwer vermittelbar. Dahinter stecken bei manchen immer noch sozialromantische Träume und Ressentiments. Zuletzt war Parteichef Gabriel mit seinen Vorschlägen zur Rente grandios gescheitert. Das Ursprungspapier stützte die Rente mit 67 und wurde zuletzt aufgeweicht. Gabriel stellte sich derart ungeschickt an, dass jetzt sogar der alte Konsens wieder infrage steht. Für die Linken bleibt Steinbrück ein Unterstützer der Agenda 2010, die immer noch keine ehrliche Aufarbeitung unter Sozialdemokraten gefunden hat. Immerhin hat Steinbrück zuletzt erkannt, dass es in Deutschland eines Mindestlohnes bedarf. Ein Fortschritt aus sich des linken Flügels.

Das SPD-Urgestein Rudolf Dreßler merkte bei Phoenix an, dass durch die Nominierung einer Person vor der Programmdebatte im November die inhaltliche Diskussion belastet ist. In der Tat haben besonders die Parteilinken seit Jahren mit Tricks der Parteiführung auf allen Ebenen zu kämpfen. Es wird eine der wichtigsten Aufgaben von Steinbrück sein, in Zukunft aufkommende Diskussionen in Sachfragen intelligent zu moderieren. Dazu wird die Arbeitsteilung mit dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel entscheidend sein.

Tugenden von Peer Steinbrück nutzen

Steinbrück hat bei seinen Reden den verbalen Stakatostil zur Perfektion gebracht. Seine undiplomatische Art – wir erinnern uns an die Kavallerie, die Steinbrück als Finanzminister in die Schweiz schicken wollte – hilft Steinbrück sicherlich, um im Wahlkampf gegen den politischen Gegner zu polarisieren. Steinbrück gilt zudem als kompetenter Finanzfachmann und das ist in Zeiten der Eurokrise ebenfalls ein echtes Pfund. Zudem kann sich Steinbrück, der keinerlei parteipolitische Ambitionen hat, auf den Wahlkampf konzentrieren.

Steinbrück ist zudem ein Politiker, dem man den Machthunger abnimmt. Mit ihm spielt die SPD auf Sieg. Vor drei Jahren nahmen nicht einmal die eigenen Parteigenossen Frank-Walter Steinmeier ab, dass er mehr als eine große Koalition will. Steinbrück hat erst vor wenigen Tagen angkündigt, er würde nicht in ein Kabinett-Merkel gehen. Das klingt mit dem Wissen von heute wie eine Kampfansage.

Aber niemand sollte bei aller Euphorie über die Entscheidung heute vergessen, dass Steinbrück nach dem endgültigen Rückzug der Nominierung von Steinmeier am heutigen Tag, nicht als starker Kandidat, sondern als Notnagel gilt. Gabriel kann (noch) nicht Kanzler. Das ist selbst unter Sozialdemokraten Konsens. So blieb nur Steinbrück, da die Kandidatin der SPD-Herzen, Hannelore Kraft, nicht antreten wollte.

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Über Peer Steinbrück

Der gebürtige Hamburger ist verheirat und Vater dreier Kinder. Mit 22 trat Steinbrück in die SPD ein. Steinbrück studierte Volkswirtschaft in Kiel, ging als Referent nach Berlin und arbeitete später im Bundeskanzleramt für Helmut Schmidt. Nach einigen weiteren Stationen landete Steinbrück bei Johannes Rau in Nordrhein-Westfalen (NRW), dessen Büro er von 1986 bis 1990 leitete. Nach weiteren Stationen als Staatssekretär in Schleswig-Holstein wurde Steinbrück Wirtschaftsminister in NRW, Finanzminister des Landes und von November 2002 bis Juni 2005 Ministerpräsident des Landes.  Von November 2005 bis Oktober 2009 war Peer Steinbrück Bundesfinanzminister. Seither ist er einfacher Abgeordneter des Deutschen Bundestages.

Einige ZEIT-Beiträge von Peer Steinbrück, die seine Überzeugungen zeigen: Steinbrück steht zur Rente mit 67, da die Demografie nicht politisch verändert werden kann. Steinbrück verortet sich selbst in der Mitte zwischen neoliberalen Modernisierern und nostalgischen Sozialisten. Das kann man hier nachlesen. SPD-Linke aufgepasst: Beim Arbeitsmarkt und Mindestlohn hat Steinbrück dann offenbar doch noch die Kurve gekriegt.

Artikelbild: dts Nachrichtenagentur. Link.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.