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Was bedeutet die Wahl in Niedersachsen für den Bund?

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21. Januar 2013

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Was bedeutet die Wahl in Niedersachsen für den Bund?

Ein Wahlkrimi endet mit dem Machtwechsel in Hannover. Ein Sitz Vorsprung genügt Rot-Grün für den Gewinn der Landtagswahl in Niedersachsen. Künftige Gewinner des Wahljahres sind schwerer zu entdecken anders als die Verlierer.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommen SPD und Grüne auf 69 Mandate, CDU und FDP schicken zusammen 68 Abgeordnete in den Landtag. Lange Zeit hatte es nach einem Patt der beiden Lager im niedersächsischen Landtag ausgesehen. Die Grünen sind Wahlgewinner mit 13,7 Prozent der Stimmen, sie legten 5,7 Prozentpunkte gegenüber der letzten Landtagswahl zu. Für die Sozialdemokraten stimmten 32,6 Prozent (+2,3%). Die CDU kam auf 36,0 Prozent nach 42,5 Prozent zuvor. Die FDP legte um 1,7 Punkte zu und erzielte 9,9 Prozent. Wahlforscher sahen die Liberalen zuvor nicht im Landtag.

Der nächste Ministerpräsident dürfte wohl Stephan Weil heißen. Wenn die Wahl gelingt. Eine Mehrheit von einer Stimme birgt bei der Wahl immer ein Risiko, wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen.

Leihstimmen

Die FDP fuhr angesichts der vorhergesagten Horrorszenarien beim Ergebnis ein Sensations-Ergebnis ein und dennoch reichte es nicht für Schwarz-Gelb zum Machterhalt. Der Erfolg der Liberalen geht nämlich vollends zulasten von CDU und Ministerpräsident David McAllister. Wahlforscher wollen herausgefunden haben, dass das FDP-Ergebnis zu 80 Prozent auf sogenannte „Leihstimmen“ zurückzuführen ist – also mindestens 7 Prozentpunkte. Leihstimmen sind Stimmen von Wählern, die eigentlich eine andere Partei gewählt hätten, aber sich bei der Zweitstimme aus wahltaktischen Gründen für eine befreundete Partei entscheiden.

Die Reaktionen der CDU-Präsidiumsmitglieder am Tag nach der Wahl waren eindeutig. Das Thema reibt die Union auf. Eine Zweitstimmenkampagne wird es in Zukunft kaum erneut geben. Horst Seehofer äußerte sich genauso, jeder kämpfe für sich selbst.  Am Wochenende hatte er noch den Filmball aus gesundheitlichen Gründen abgesagt.

Auswirkungen auf die Bundestagswahl

Das Wahlergebnis zeigt: Die Liberalen dürfen nicht einfach abgeschrieben werden. Das gilt auch für Peer Steinbrück, der den Genossen in Niedersachsen zumindest nach eigener Aussage nicht geholfen haben dürfte. Ob aber die Debatten um Steinbrücks Fettnäpfchen geschadet haben, ist nicht belegbar. Die Wahl war eben eine einfache Landtagswahl zum Auftakt des Wahljahres.

Klarer sind die Verlierer auszumachen: Parteien, die nicht wirklich gestalten wollen, dürften in diesem Jahr dafür abgestraft werden. Schließlich sind Stimmen für diese Politikanbieter verlorene Einflussmöglichkeiten. Die beiden Blöcke (Schwarz-Gelb und Rot-Grün) könnten durch eine klare Koalitionsaussage daher künftig die anderen Parteien  durch ein klares Lagerbekenntnis klein halten. Gemeinsame Ziele hin oder her, dennoch hat keine Partei eine Stimme zu verschenken. Das thematisierte der Chefgrüne Jürgen Trittin, der darauf verwies, dass nur Stimmen für die Grünen den Machtwechsel garantieren. Sie Sozialdemokraten könnten ja bei einem entsprechenden Wahlausgang  in einer großen Koalition landen.

Piraten und Linke – es wird eng

Piraten und Linke scheitern aber vor allem an sich selbst. Die Linke verpasste erneut den Einzug in einen westdeutschen Landtag und droht zu einer Ostpartei zu werden. Bei der Linkspartei waren zuletzt Flügelkämpfe ausgetragen worden. Dabei geht es um die strategische St0ßrichtung. Während Oskar Lafontaine und Sarah Wagenknecht die Partei durch einen strikten Oppositionskurs stärken wollen, plädieren insbesondere ostdeutsche Genossen wie Dietmar Bartsch für einen pragmatischeren Kurs der Partei, die sich auch als Regierungspartei anbieten soll. Jedenfalls ging die Partei im Lagerwahlkampf unter und spielte keine nennenswerte Rolle. Die Partei droht in eine West- und eine Ostpartei zu zerfallen.

Die Piraten hingegen sind seit einem Jahr nur noch durch hausinterne Streitereien und negative Schlagzeilen aufgefallen. Die Partei beschäftigt sich gerade überwiegend mit selbst und dem eigenen Führungspersonal. Man wird sehen, ob der Einzug in den Bundestag gelingt. Die Piraten kamen auf 2,1 Prozent. Tendenz entzaubert.

Artikelbild: Wiki Commons. Landtagswahl 2013. Lizenzhinweise.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.