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Strommarkt – Schluss mit den Subventionen

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15. Oktober 2012

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Strommarkt – Schluss mit den Subventionen

Die aktuelle Diskussion um Energiepreise ist symptomatisch für einen verfehlten Politikansatz. Dahinter steckt ein falscher Wettbewerbsbegriff und das Beharrungsvermögen von einmal gewährten Vorteilen.

Politiker in Deutschland versuchen grundsätzlich Subventionen auf andere anonym abzuwälzen oder zu verschleiern. Das gehört zum politischen Handwerk. Sternstunden sind dann, wenn Politiker und Subventionsempfänger bei der übermäßigen Verteilung erwischt werden, wie jetzt in der Energiepolitik. Etwa 150 Milliarden Euro wurden bereits in Deutschland umverteilt.

Die Strompreise drohen zu explodieren und es hagelt Kritik. Zahlreiche Interessenvertreter aus Politik und Wirtschaft verteidigen dennoch die Umschichtungen der eigenen Klientel. Dabei werden die eigentlichen politischen Fehler gar nicht diskutiert. Denn Lernen gehört nicht zum Repertoire.

Wer die Zeche zahlt und wer nicht

Die Stromnetzbetreiber leiten an die Erzeuger regenerativen Stroms aus Wind, Sonne oder Biomasse eine Umlage weiter. Diese Umlage für die Ökostromförderung wird 2013 von jetzt rund 3,60 auf knapp 5,3 Cent pro Kilowattstunde steigen. Ein Durchschnittshaushalt mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch muss dann etwa 60 Euro mehr als 2012 aufwenden. Die Kosten betragen bei diesem Verbrauch 185 Euro pro Jahr für diese Subvention, die regenerativen Energien einen Anschub geben sollte.

Ein Teilproblem im Energiesektor beruht auf der ohnehin schon schiefen Idee der damaligen rot-grünen Regierung: Die energieintensiven Betriebe sollten die höheren Kosten nicht mittragen. Heute profitieren diese Unternehmen von milliardenschweren Befreiungen. Diese summieren sich aus dem Entfall der Ökosteuer, bei den Netzentgelten und der erwähnten Umlage zur Förderung von erneuerbaren Energien (EEG). Auf die begünstigten Unternehmen entfielen laut Statusbericht 2012 etwa 18 Prozent des Gesamtstromverbrauchs.

Jedenfalls wurden durch politische Entscheidung ausgerechnet und paradoxerweise die größten Energieverbraucher dauerhaft geschützt. Anreize zum Entwickeln neuer Technologien waren nicht vorgesehen. Das wird jetzt bei steigenden Preise als ungerecht empfunden, denn schließlich zahlen die Privaten. So fordert der Bund der Energieverbraucher, das EEG beizubehalten, aber die Lasten fairer zu verteilen. Die Energieverbraucher rechnen vor, dass die Umlage ohne Subventionierung durch die anderen Stromnutzer um 1,5 Cent je Kilowattstunde weniger kosten würde. Insgesamt sollen 2013 20 Milliarden Euro  über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) umverteilt werden. Es geht jetzt um die Verteilung.

Zwischen Topf und Tropf

Die meisten Interessengruppen begrüßen den Abbau dieser inzwischen fehlgesteuerten Subventionen. Natürlich sollen Einsparungen nicht die eigene bevorzugte Klientel treffen. Deshalb verteidigen die Grünen beispielsweise die bestehenden Förderungen alternativer Energien an vielen Stellen. Dabei hat die Dauersubvention der Solarbranche erkennbar nicht gut getan, wie man an den Pleiten zu Beginn des Jahres ablesen konnte. Die Branche hatte sich sozusagen zu sehr im eigenen Erfolg gesonnt und eine Weiterentwicklung vielerorts schlicht verschlafen.

Für Unternehmen gibt es hohe Anreize, auf die Liste der durch Ausnahmen subventionierten Unternehmen zu kommen. Inzwischen sind schon manche Unternehmen auf der Liste, die dem Stromverbraucher und Zahler wie ein Hohn erscheinen. Wenn Glashersteller, Alu-Hütten oder Papiererzeuger immer noch nach zehn Jahren Ausnahmen benötigen, dann ist das bisherige Konzept der Subventionierung gescheitert, aber nachvollziehbar. Unter den 2000 subventionierten Unternehmen waren allerdings auch beispielsweise  eine Straßenbahn und eine Molkerei, die sicher nicht im globalen Wettbewerb stehen.

Am Thema vorbei

Umweltminister Altmeier will die Deutschen durch Energieberatung zu Energiesparern erziehen. Auch will er den Eifer bei der Energieerzeugung – neue subventionierte Eigenversorgung – stoppen. Womit die Problematik der langfristigen Fehlanreize im System allerdings nicht gelöst wäre. Die FDP will das EEG gleich ganz abschaffen.

Wenn man mal von der aktuellen Problematik absieht, dann wäre es nötig, die Fehler im System zu ermitteln und in Zukunft zu vermeiden. Leider ist das nicht gewünscht im politischen Berlin. Dabei sollten Politiker in Zukunft zumindest zwei Aspekte bei der Folgenabschätzung von Subventionierungen berücksichtigen:

1. Bei einer dauerhaften Subventionspolitik fehlt der positive Anreiz, um eine Verhaltensanpassung (hier; Entwickeln von Technologien zum Stromsparen) zu bewirken. Daher sollten Subvention immer einem ambitionierten Ablaufdatum verbunden werden.

2. Bei Subventionen ist immer die gesamte Wirtschaft betroffen und nicht nur die vordergründig geförderte Branche und deren Konkurrenten. Denn Geld, das für Subention ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle. Bei Privaten im Portemonnaie. Hinter dieser Erkenntnis steckt ein viel weiterer Wettbewerbsbegriff als er normalerweise in der Politik angenommen wird. Es geht immer um das Budget der privaten Haushalte. Daher sollte jeder und immer beim Gewähren von Subventionen aufhorchen.

 Artikelbild: Eigener Fundus.
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Die Bündnisgrüne und ehemalige Umweltministerin von NRW, Bärbel Höhn, gab der Zeitschrift „Das Parlament“ ein interessantes Interview zum EEG (22.10.2012).

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.