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Staatsschuldkrise: FIRE das neue Zauberwort?

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4. Juli 2012

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Staatsschuldkrise: FIRE das neue Zauberwort?

Die Vertrauenskrise an den Märkten für Staatsanleihen will Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim durch einen direkten Zinsausgleich bekämpfen. Eine solche Lösung vermeide das Problem der Kollektivhaftung  und sei selbst bei Einbeziehung von Spanien und Italien bezahlbar. Meint Heinemann.

Nach Heinemanns Einschätzung kann FIRE (fiscal interest rate equalization), trotz der Lastenumverteilung, im Vergleich zu einer Haftungsausweitung durch Eurobonds eindeutig der bessere Weg: „Der Zinsausgleich kann helfen, das Roulette-Spiel um den deutschen Wohlstand zu verhindern, das mit der Alternative Eurobonds verbunden wäre“, meint Friedrich Heinemann.

Die Grundidee von FIRE ist, dass Länder wie Deutschland oder die Niederlande einen Teil ihrer Krisengewinne aus ihren historischen Niedrigzinsen einsetzen, um die Zinslast von Verliererländern auszugleichen. Das Geld der Niedrigzinsländer würde in einen „FIRE-Fonds“ fließen. Für Marktzinsen über einer kritischen Grenze würden Krisenländer dann bei jeder Anleiheemission mit einem entsprechenden Ausgleichsbetrag entschädigt.

Die Unterstützungszusage würde zunächst auf ein Jahr befristet und an Bedingungen geknüpft. Die Verlängerung eines FIRE-Programms käme nur in Frage, wenn das begünstige Land Reformfortschritte belegen könnte. Die Einrichtung eines solchen FIRE-Fonds hätte zur Folge, dass die Zinslast für neue Emissionen für die Krisenländer tragbar wäre und Konsolidierungsbemühungen nicht mehr wie zurzeit durch die hohen Marktzinsen zunichte gemacht würden.

Die Untersuchungen des ZEW-Forschers zeigen die Vorteile des FIRE-Konzepts gegenüber Eurobonds, welche bislang die Diskussion dominieren. Während Eurobonds mit Kollektivhaftung arbeiten, verzichtet FIRE auf jegliche Haftung. Im Unterschied zu den Eurobonds würde FIRE die Zinsunterschiede in der Eurozone nicht völlig beseitigen, sondern nur reduzieren. Anders als bei den versteckten Subventionen der Eurobonds sind die Transfers im FIRE-Ansatz völlig transparent. Die hohe Transparenz würde nach Heinemanns Einschätzung auch die Gefahr eindämmen, dass sich die Krisenländer auf eine dauerhafte Unterstützung verlassen und in ihrem Reformeifer erlahmen könnten.

Bezüglich der Finanzierbarkeit des Zinsausgleichs durch den FIRE-Fonds im Falle einer Stützung Italiens und Spaniens kommt Heinemann zu einem vorsichtig optimistischen Fazit. Das System ist für Deutschland eindeutig billiger als Eurobonds. Berechnungen des ZEW-Forschers zeigen, dass den höheren Zinslasten der Krisenländer derzeit tatsächlich Zinseinsparungen der Länder mit guter Bonität in vergleichbarer Höhe gegenüberstehen.

Heinemanns Beispielrechnung der voraussichtlichen Größenordnung des FIRE-Stützungsvolumens sieht eine Begrenzung der Zinsen Italiens und Spaniens auf fünf Prozent sowie den Fortbestand der Marktkonditionen von Mai 2012 vor. Dies würde für die Neuemissionen des Jahres 2012 eine jährliche Ausgleichszahlung von etwa 5,7 Milliarden Euro erfordern. Die Finanzierung würden sich Deutschland (90 Prozent), die Niederlande (8 Prozent) und Finnland (2 Prozent) teilen, gemäß ihrem jeweiligen Vorteil aus den eigenen Zinsersparnissen.

Englische Version.

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Dr. Friedrich Heinemann ist Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Er hat Volkswirtschaftslehre und Geschichte an der Universität Münster, der London School of Economics und der Universität Mannheim studiert. Nach seinem Studienabschluss als Diplom-Volkswirt an der Universität Mannheim wurde er Mitarbeiter im ZEW, wo er als Projektleiter, Senior Researcher und seit dem Jahr 2005 als Forschungsbereichsleiter tätig ist.

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Artikelbild: ZEW-Gebäude. Seitenansicht. Institutsfoto.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.