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Linker Populismus verspielt Chancen

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3. Mai 2012

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Linker Populismus verspielt Chancen

Was haben Sahra Wagenknecht und François Hollande gemeinsam? Sie vertreten wie viele Linke unhaltbare, aber populäre Thesen zum Finanzsystem. Was sich gut anhört würde einer Katastrophe gleichkommen. Schade.

Die Analysen von Linken sind oft messerscharf und ziemlich richtig. Die daraus abgeleiteten politischen Forderungen hingegen fallen inhaltlich stark ab. Denn viele Linke glauben Populismus und Zustimmung bei Talkshows würden irgend etwas ändern. So auch in der jüngsten Debatte um die künftige Krisenpolitik und die Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB).

Copyright Nicole Teuber (Verlagsfoto)

In einem Aufsatz für die FAZ beklagt Wagenknecht den Tod europäischer Werte. Der Text ist ein Teil ihrer aktuellen Buchpromotion für  „Freiheit statt Kapitalismus“. Wagenknecht kritisiert völlig zu Recht die bisherige Krisenpolitik in Europa. Niemand hilft den Griechen durch die bisherige Insolvenzverschleppung. Dieser Teil ist vollkommen richtig argumentiert – wenn man mal von den politischen Überhöhungen im Text absieht.

Der Traum von der Revolution

Wagenknecht fordert völlig nachvollziehbar echte Hilfen für die Griechen. Aber statt im System weiter zu denken und die Ursachen zu bennenen, verbreitet sie nur eine populistische Alternative. Sie will das System ändern, ohne die Konsequenzen bedacht zu haben. Gregor Gysi beispielsweise stellt seit etwa einem Jahr seine Unkenntnis in jeder Bundestagsdebatte und Talkshow zur Schau, indem er eine Einfachlogik verbreitet: Statt Banken Zinsen zu zahlen, wollen die Linken lieber die EZB als direkten Partner für die Staaten gewinnen. Konsequent zuende gedacht bedeutet diese Logik, dass die EZB künftig Geld druckt, wenn die Regierenden Kapital benötigen.

Zwar ist das in der aktuellen Situation scheinbar ebenfalls so, aber der Vorschlag ist dennoch größtmöglicher Unfug: Die Linken verstehen einfach die Dimension des Problems nicht. Momentan versorgt die EZB Banken zinsgünstig mit 1000 Milliarden Euro und einer Restlaufzeit von etwa drei Jahren. Die Staaten in Europa benötigen jedoch dauerhaft etwa die zehnfache Summe zur ständigen Refinanzierung der Staatsschulden.  Zudem behaupten Linke gerne, dass alles Geld bei Banken liege. In Wirklichkeit sind riesige Summen von Staatsanleihen in Versicherungen gebunkert und die Riester-Sparer dürften auch Milliardensummen hier investiert haben. Es trifft also auch die eigene Klientel.

Linker Populismus

Wagenknecht und Co. wollen gerne einen Schuldenschnitt für Staatsschulden und neu anfangen. Zunächst verschulden Politiker die Staaten, weil sie unangenehme Wahrheiten nicht aussprechen wollen und dann erlässt man sich selbst die Schulden. Das ist zu einfach. Da Deutschland und Europa aber nicht wie vorher die DDR ein Eigenleben fristen wären die Konsequenzen für die Welt unabsehbar. Das Finanzsystem würde bei mutwilligen Schuldenschnitten binnen Sekunden kollabieren.

Zudem kennen wir die Folgen einer dauerhaften Politik der Notenpresse. Irgendwann käme das Geldsystem durch Vertrauensverlust zum Erliegen und diejenigen, die keine Arbeit haben und die zwangsläufige Inflation nicht überwälzen können, werden mehr leiden als diejenigen mit Land- und Immobilienbesitz. Der Vorschlag von Wagenknecht und Co. führt also erst recht zur Unfreiheit. Jetzt muss man Sahra Wagenknecht und ihre Parteigenossen nicht wirklich Ernst nehmen. Aber in Frankreich scheint ein Populist neuer Präsident zu werden. Und sowohl in Deutschland als auch in Frankreich kommen ähnliche Forderungen auf. Die Abschaffung der Rente mit 67 – in Frankreich ist man ohnehin erst bei 62 – ist ein anderes Beispiel für gedankenlosen linken Populismus.

Es spräche nichts dagegen, wenn die Staaten mehr Steuern erheben und die steuerliche Bevorzugung von Immobilienbesitz endlich aufheben würden. Aber dafür müsste man sich die Mühe im Detail machen, anstatt große, wirkungslose Reden über Werte zu führen. Einfacher ist es, populistische Forderungen aufzustellen, die niemals in die Realität umgesetzt werden. Die Denkfaulheit auf der Linken ist ärgerlich, denn Verbesserungen benötigen wir auf jeden Fall und an vielen Stellen im Finanzsystem ohnehin.

Artikelbild: François Hollande. Matthieu Riegler, Wikimedia Commons.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.