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Joachim Gauck setzt Zeichen

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4. Juli 2012

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Joachim Gauck setzt Zeichen

Der neue Bundespräsident setzt Zeichen und redet. Es wird in Berlin nicht über ihn gesprochen, sondern über die politischen Signale von Joachim Gauck. Das ist ein Hoffnungsschimmer für die politische Kultur in Deutschland. 100 Tage sind vorbei und man freut sich auf mehr.

Gegen intelligentes Sponsoring ist im Prinzip nichts zu sagen. Aber wenn daraus eine ständige Übung und Anspruchsdenken erwächst, dann entsteht zu viel Nähe von Politik und Wirtschaft. Letztlich ist dann die Demokratie bedroht. Und zwar nicht sofort, sondern – viel gefährlicher – schleichend. In Nordrhein-Westfalen konnte man einen Ministerpräsidenten mieten, in Niedersachsen und Baden-Württemberg einen sinnbefreiten Nord-Süd-Dialog unterstützen und die Parteien freuen sich über Unternehmen, die Parteitage – natürlich völlig selbstlos – sponsern. Das ist politisch naiv und eine grundfalsche Entwicklung.

Zeichen setzen

Gerne wird behauptet, dass die Gelder auf den vielen Veranstaltungen privat finanziert seien. Dabei ist das immer nur die halbe Wahrheit. Denn solche Aktivitäten gehen nicht voll zu Lasten der Anteilseigner, sondern mindern die Steuerschuld der Unternehmen und Unternehmer und sind damit ohnehin teilweise vom Steuerzahler finanziert. Gerade der Vorgänger von Joachim Gauck stand für eine zu große Nähe zu Leuten, deren Interessen undurchschaubar, aber sicher nie uneigennütziger Natur waren.

Gegen die Kultur des Mauschelns setzt das Präsidialamt jetzt unter Führung von Joachim Gauck ein wichtiges Zeichen. Statt Finanzsponsoren für das Sommerfest einzuwerben, will Gauck das Fest aus eigenen Mitteln finanzieren. Vielleicht gibt es demnächst weniger Gourmet-Häppchen und mehr Bockwurst mit Kartoffelsalat, aber das dürfte die Stimmung vor Ort nicht negativ beeinflussen. Für die Demokratie in Deutschland ist das in jedem Fall ein wichtiges Signal.

Der Bundespräsident hat keine direkte politische Macht, daher sind Veränderungen im Umgang mit Interessengruppen oder mit den Medien so wichtig. Sie sind Zeichen, die wahrgenommen werden und die dem Amt des Bundespräsidenten eine neue Glaubwürdigkeit geben und Vorbildcharakter haben können. Während das Vorgängerehepaar Wulff für High-Society-Reporter ein ständiges Thema war, sind Joachim Gauck und seine Lebenspartnerin Daniela Schadt für die bunten Blätter zum Glück nur wenig interessant. Der Präsident und seine First Lady wirken sogar irgendwie blass auf den offiziellen Porträts des Präsidialamtes. Auch das ist vermutlich ein bewusst eingesetztes Zeichen.
 
 
 
Warum wir einen starken Präsidenten benötigen

In diesen Tagen ist die Demokratie nicht nur von externen Sponsoren bedroht, sondern der Bundespräsident sollte ohne Prüfung weitreichende Verträge unterschreiben. Auf Druck der Koalitionäre hieß es. Wir wissen nicht, ob er sich unter Druck hat setzen lassen, denn das Bundesverfassungsgericht hat ihm rechtzeitig eine Brücke gebaut. Es ist die Aufgabe eines Bundespräsidenten Gesetze und ihr Zustandekommen zu prüfen und nicht ohne Nachdenken zu paraphieren. So steht es auf der Homepage des Bundespräsidenten.

»Der Bundespräsident ist das Verfassungsorgan, das die Bundesrepublik Deutschland nach innen und nach außen repräsentiert. Dies geschieht, indem der Bundespräsident durch sein Handeln und öffentliches Auftreten den Staat selbst – seine Existenz, Legitimität, Legalität und Einheit – sichtbar macht. Darin kommen zugleich die Integrationsaufgabe und die rechts- und verfassungswahrende Kontrollfunktion seines Amtes zum Ausdruck. Sie wird ergänzt durch eine politische Reservefunktion für Krisensituationen des parlamentarischen Regierungssystems.«

Sicher ist: Deutschland benötigt in diesen Tagen einen starken Präsidenten und ein unabhängiges Bundesverfassungsgericht. Diese Institutionen müssen die Demokratie schützen und dürfen sich in der Krise nicht wichtige demokratische Prinzipien abringen lassen.

Wir haben einen Präsidenten, der sich offensichtlich nicht fürchtet vor dem Zorn der Bundesregierung. Das ist ein Hoffnungsschimmer. Einer seiner Vorgänger wollte unbequem sein. Joachim Gauck ist es. Danke.

Artikelbilder: Offizielle Porträts. Bundespräsidialamt.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.