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Gier der Topbanker bedroht das Finanzsystem

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2. Juli 2012

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Gier der Topbanker bedroht das Finanzsystem

Banker aus der London City stecken hinter jeder Sauerei im Finanzsektor. Das denkt der unbedarfte Beobachter und jeder Linke sowieso. Wenn man sich die jüngsten Skandale anschaut, dann ist das wohl die Wahrheit.

Das Finanzsystem ist in der Kritik. Die Pleite von Lehman Brothers und die anschließenden Hilfspakete haben zurecht die Frage nach Kontrollen des Finanzsektors aufgeworfen. Dabei besteht normalerweise die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber den Markt zu stark reguliert und damit die sinnvollen Teile des Sektors ebenfalls trifft. Das wäre ärgerlich, denn ein funktionierender Finanzmarkt sorgt für die richtigen Allokationsentscheidungen in einem komplexen System.

Der jüngste Skandal

Die Dimensionen in denen im Bankensektor offenbar manipuliert wird, sind in der Tat dramatisch. Vier Großbanken haben den LIBOR, die London Interbank Offered Rate, in ihrem Sinne manipuliert und Milliarden Anleger haben weltweit ständig die falsche Preissignale erhalten und zudem vermutlich zu hohe Zinsen bezahlt. Auch in Derivaten stecken diese Zinssätze bei der Preisermittlung drin. Der Skandal kann also nicht zu hoch aufgehängt sein. Kurz zuvor hatte es einen anderen Skandal gegeben, bei dem bekannt wurde, dass die Banker in London Kunden wertlose Restschuldversicherungen verkauft hatten.

Die britische Finanzaufsicht FAS wirft den Bankern diesmal vor, Kunden gezielt bei Hedging-Produkten falsch beraten zu haben. Die Manipulationen kosten die Banken nicht nur einen Teil des ohnehin kaum noch vorhandenen Vertrauens. Auch die momentan aufgerufenen 450 Millionen Pfund für Schadenersatzleistungen sind keine ausreichende Strafe für den Sektor. Einzig der Verlust von Geld, Einfluss und Ansehen wirkt. In Zukunft müssen Special Forces den Aufsehern zur Seite stehen, die weitgehende Befugnisse geniessen und Banker für kleinste Manipulationen anklagen dürfen. Das Freikaufen führt nur zu einer Vergemeinschaftung, denn die Banken zahlen geringere Steuern, wenn sie Strafen zahlen müssen.

Gier und Dummheit gepaart

Als Treiber für die Machenschaften im Bankensektor fällt einem nur eine entrückte Gier von Geld-Eliten ein, die zudem bislang von Politikern offenbar geschützt wurden. So zahlt in England ein Hedgefondsmanager einen niedrigeren Steuersatz als eine Putzfrau. Das ist unanständig und befördert ein falsches Anspruchsdenken. In guter Erinnerung ist die Bemerkung des Chefs von Goldman Sachs, der gleich Gottes Werk verrichten wollte.

Banker haben kollektiv für die nächsten Jahrzehnte kein Recht mehr auf Bonuszahlungen und Anleger von Banken kein Recht mehr auf Ausschüttungen. Banken sollten wieder konservative Institute werden, die keinen Eigenhandel betreiben dürfen. Da man bei Bankern auf Selbstheilungskräfte offenkundig nicht setzen kann, muss der Gesetzgeber hier massiv eingreifen. Denn konstant war bisher nur die Gier der Topbanker, die einen Systemzusammenbruch billigend in Kauf genommen haben. Übertroffen wird die Gier nur von der Dummheit dieser Elitebanker in London. Denn am Finanzsystem liegt es nicht, sondern an denjenigen, die das System immer wieder auf’s Neue überdehnen.

Der Verwaltungsratschef der britischen Großbank Barclays, Marcus Agius (Foto), trat wegen der Zinsmanipulation in die auch sein Institut verwickelt war, bereits zurück. Für die Zukunft viel wichtiger als einzelne Rücktritte dürfte es sein, wie man die Machtfülle der Banker begrenzt.

Artikelbild: Marcus Agius. Copyright World Economic Forum www.weforum.org / Eric Miller emiller@iafrica.com.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.