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Endlich: IWF lässt Griechenland fallen

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23. Juli 2012

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Endlich: IWF lässt Griechenland fallen
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Griechenland steht vor der Pleite. Jetzt will der IWF nicht mehr helfen. Zwei Jahre hat das Land verloren wegen unfähiger Politiker.

Griechenland gehörte nie in den Euro und gehört heute schon gar nicht in die Gemeinschaftswährung. Die Regierenden des Landes haben ihre Partner in Europa betrogen und belogen. Griechenland war ökonomisch nie auf dem Stand eines Landes, das in den Euro gehört. Griechische Politiker haben sich eine Zeit des scheinbaren Wohlstandes gekauft und dem eigenen Volk damit langfristig geschadet. Die Rechnung wird jetzt präsentiert.

Ökonomie Griechenland

Ökonomische Probleme kann man immer nur zeitweise unterdrücken. Langfristig kommt es irgendwann zum Showdown. Das ging seinerzeit der DDR auch so. Mit geschönten Zahlen wurden die eigenen Bürger, aber auch der Westen über die Leistungsfähigkeit des Landes getäuscht. Für die Kosten zahlt nun der große Bruder aus dem Westen. Griechenland hat keinen großen Bruder, der eine bedingungslose Souveränität zeigen wird. Zumindest die EU will nicht der Big Brother von Griechenland sein.

Vorsichtige Schätzer sehen einen Abwertungsbedarf der Währung für Griechenland von 50 Prozent. Das Land hat demnach im Euro-Regime keine Chance zu überleben, solange Deutschland auf niedrigen Inflationsraten besteht. Auch dauern solche Anpassungsprozesse viel länger als das griechische Volk zu akzeptieren bereit ist. Griechenland benötigt daher einen Schock. Den Austritt aus dem Euro. Das wusste die ganze Welt schon vor zwei Jahren nur die Politiker wollten es nicht wahrhaben.

Fehler des Euro-Regimes

Das Problem fing schon schon bei der Konzeption an: Man hatte bei der Euroeinführung schlicht einen Ausgleichs- oder Austrittsmechanismus vergessen. Was passiert, wenn ein Land nicht mehr mitkommt? Vorgesehen waren Strafzahlungen, die ein Sünder vor allem durch gefälschte Statistiken oder durch Rücksichtnahme der Partner vermeiden kann.

Die ohnehin fragwürdigen Stabilitätskriterien wurden ständig gerissen und Frankreich und Deutschland waren die Vorreiter dabei. Das wollen zwar Politiker wie der damalige Finanzminister Hans Eichel immer noch nicht gelten lassen, das ist aber der politische Teil des Problems. Warum sollte ein Südländer sparen, wenn sogar Deutschland nicht die Kraft aufbringt, die selbst auferlegten Kriterien zu erfüllen. Touché.

Zu Beginn der Krise um Griechenland waren viele Kritiker mit dem Argument unterwegs, dass die Probleme vom Finanzmarkt herrühren. Im Mai 2010 konnte man mit Kritik an flexiblen Wechselkursen punkten. Wer aber genauer hinschaut, der sieht in der Griechenlandkrise das genaue Gegenteil. Griechenland konnte nicht mehr abwerten und statt Reformen in besseren Zeiten umzusetzen, wurden weiter Gefälligkeiten gereicht und der Krisenbeginn künstlich verschoben. Der Euro ist nichts anderes als ein System fester Wechselkurse. Das ist das Problem mancher Volkswirtschaften heute.

Krisenpolitik
Christine Lagarde

Christine Lagarde Pressefoto

Die Krisenpolitik der EU und der Europartner lief falsch, zumindest wenn man annahm, dass es dabei um Griechenland-Hilfe im eigentlichen Sinne ging. In Wirklichkeit wollten die Politiker hierzulande die Risiken auf weitere Schultern verteilen, um das Land dann fallen zu lassen. In zwei Jahren Griechenland-Krise haben die Politiker in Europa zwar unzählige Gipfel veranstaltet, aber außer Basarverhandlungen über Risikoübernahmen ist zu wenig dabei herausgekommen. Eine Perspektive für Hellas gab es nie.

Jetzt muss der Internationale Währungsfonds (IWF) wohl ausscheren, da nach eigener Prognose die Schuldentragfähigkeit des Landes wohl nicht mehr gewährleistet ist. Der IWF war zu Krisenbeginn als Retter begrüßt worden. Übrigens ohne Protest der Oppositionsparteien in Deutschland. Was dann kam war in der Asien-Krise schon früher zu beobachten gewesen. Der Fonds forderte schmerzliche Strukturreformen und das Land geht erstmal in die Knie.

Für Griechenland ist die neueste Entwicklung eigentlich positiv, da das Land endlich aus dem Korsett des Euro ausscheiden kann. Die nötige eigene Kraft brachten die Griechen bislang leider nicht auf. Sie haben die Hilfsbereitschaft der anderen Staaten falsch eingeschätzt. Aber auch die greichischen Politiker waren immer groß beim politischen Feilschen. So fand die Regierung im Oktober 2011 plötzlich zwei Milliarden Euo, um die Staatspleite noch abzuwenden. Vorher hatten die anderen Länder signalisiert, nicht früher über ein weiteres Hilfspaket abstimmen zu können. Zuletzt gingen Privatisierungen nicht recht voran. Auch das ist ein Indiz dafür, dass Griechenland sich auf die Zeit nach dem Euro vorbereitet.

Die anderen Staaten taktierten ähnlich: In der Krise wurden die Verluste vorsorglich über verschiedene Mechanismen vergemeinschaftet. Die EZB wurde entmündigt und kaufte fleißig Finanzschrott auf. Immerhin: Das Geld ist jetzt keineswegs weg, denn es stützt die eigenen Banken und damit die heimische Wirtschaft. Nach diesen ganzen Finanzierungsrunden halten Politiker einen Austritt Griechenlands aus dem Euro für beherrschbar.

Das zynische Argument

Zugegeben das folgende Argument ist zynisch, aber nicht realitätsfremd: Vielleicht wollten die Partner im Euro an Griechenland ein Exempel statuieren. Wir erinnern uns, dass Angela Merkel zu Beginn der Krise um Griechenland einen Strafzins durchsetzte, der natürlich inzwischen vergessen ist. Nach diesem dramatischen Beispiel werden die anderen Teilnehmerländer jedenfalls alles unternehmen, um nicht aus dem Euro ausscheren zu müssen.

Richtig ist in jedem Fall: Der Euro ist auf Misstrauen der Politiker aufgebaut. Wer von Investoren Vertrauen verlangt, der zunächst seine eigenen Probleme in den Griff bekommen.

Euro-Austritt überfällig

Ein frühzeitiger Austritt hätte manches Leid gelindert, denn die nächsten Jahre werden hart und kommen jetzt zwei Jahre später als notwendig. In der Zwischenzeit sind Milliardensummen aus dem Land geflossen von Griechen, die zwar ohnehin kaum Steuern bezahlt hatten, deren Kapital aber nötig ist, um dem Land eine neue Perspektive zu geben. Denn keinem ausländischen Investor ist eine Geldanlage in Griechenland unter diesen Bedingungen zu empfehlen.

Griechenland kann mit einer neuen Drachme in der nächsten Saison wieder im Tourismus Tritt fassen und mit der Türkei konkurrieren. Wir erinnern uns: In diesem Jahr waren die Urlauberzahlen massiv zurückgegangen, denn der Urlaub in Griechenland ist im Vergleich eher teuer. Und wenn man dann auch noch als Tourist unangenehme Nachrichten aus einem potentiellen Urlaubsland hört, wird man sich anders entscheiden. Die aufgeheizte Stimmung war eine direkte Folge der nationalistischen Töne im Boulevard – auch in Griechenland.

Eine neue Währung ist das Eine. Das Land muss vor allem endlich Schluß machen mit der Staatskorruption der Pasok und der Nea Dimokratia. Das Stützen diese zwei Täterparteien ist das schlimmste Versäumnis der Politiker in Europa. Alte Privilegien und Gefälligkeiten müssen radikal gestrichen werden, damit das Land wieder auf die Beine kommt. Es bedarf also eines politischen Neuanfangs, der im Land wieder Vertrauen in die Gesellschaft und politisch Verantwortlichen schafft. Daher müssen die Griechen jetzt nochmal wählen. Das ist zwar nicht demokratisch, aber das Politikerargument, Griechenland sei die Wiege der Demokratie – und müsse deshalb in den Euro – war sowieso historisch ziemlich kenntnislos.

Den großen Bruder, vergleichbar mit der Bundesrepublik für die DDR – wird es zwar nicht geben, aber das Land ist nach der Pleiteerklärung erstmal entschuldet und muss nur seinen Primärhaushalt, also alle Ausgaben ohne Schuldendienst, decken. Das ist eine tolle Chance, bedarf aber einer politisch wohlmeinende Führung im Land.

 Parthenon – Wiki Commons.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.