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Einflussnahme beim ZDF endet für CSU-Pressesprecher mit Rücktritt

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25. Oktober 2012

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Einflussnahme beim ZDF endet für CSU-Pressesprecher mit Rücktritt

Der CSU-Pressesprecher Hans Michael Strepp versuchte nach ZDF-Angaben die Berichterstattung des ZDF über den SPD-Parteitag in Bayern zu beeinflussen. Das ZDF blieb bei seiner Position und Strepp trat zurück.

 
Der heute-Redakteur fasste das Telefonat mit Strepp wie folgt zusammen: „Er fragte, ob wir wüssten, dass weder die ARD noch Phoenix über den SPD-Landesparteitag berichten würden? Er sei informiert, dass wir einen Beitrag planten. Weit davon entfernt in das Programm reinzureden, wolle er aber doch rechtzeitig zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende.“ (Quelle ZDF)

ZDF sieht Einflussnahme

Der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, kann sich nicht an einen solchen Vorgang der Enflussnahme auf eine Redaktion erinnern. Neben dem Anruf hat es wohl noch weitere Versuche der Einflussnahme gegeben.  Jedenfalls nahm die Redaktion des ZDF den Vorgang sehr wichtig. ZDF-Intendant Thomas Bellut erklärte: »Die Intention des Anrufs war eindeutig. Entscheidend für das ZDF ist, dass sich die Redaktion im Sinne der journalistischen Unabhängigkeit verhalten hat. Das ZDF lässt keine politische Einflussnahme auf seine Sendungen zu. Wir werden den Vorgang im für die Chefredaktion zuständigen Ausschuss des Fernsehrats behandeln.« Rumms das sitzt.

Seehofer unter Druck

Im Landtag versuchte Horst Seehofer die Wogen zu glätten und erwähnte ein Gespräch mit Strepp am Donnerstagmorgen. Man einigte sich auf die Regelung, dass Strepp zurücktreten müsse, wenn das ZDF bei seiner Version bleibt. Genau das passierte  und Strepp verlor seinen Posten. Horst Seehofer will aber weiter die Version aufrecht erhalten, dass Aussage gegen Aussage steht. Hintergrund ist auch, dass die Opposition Dobrindt oder Seehofer selbst hinter der Aktion vermutet. Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke: »Gestern noch stellt sich Herr Dobrindt hinter den Sprecher. Heute hat dieser ein Messer im Rücken. So sehen Bauernopfer aus.«

Jedenfalls weigerten sich sogar FDP-Abgeordnete im Landtag – man ist in einer Koalition – die CSU zu stärken. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel formulierte im fernen Berlin so: »Manche Länder des Südens sind gerade deshalb Entwicklungsländer, weil ihre Regierungen die Pressefreiheit nicht achten. Ich dachte bislang aber, das Phänomen trete eher außerhalb Mitteleuropas auf«.

Pressefreiheit

Der Mailbox-Anruf von Christian Wulff bei der Bild-Zeitung ist kaum vergessen, da leistet sich wieder ein Vertreter einer politischen Partei einen ungeheuren Patzer. Es ist nur mit Überheblichkeit zu erklären, dass manche Politiker und ihre Agenten jedes Maß verloren zu haben scheinen. Im Fall von Strepp fehlten offenbar das nötige Augenmaß und die notwendige Professionalität für seinen Job, denn solch einen Fauxpas darf man sich nicht einmal unabsichtlich leisten. Offenbar hat man in der CSU den Verlust der absoluten Mehrheit noch immer nicht verkraftet.

Horst Seehofer betonte in der Debatte im Landtag, dass er zur Pressefreiheit stehe. Und in der Tat: Um nicht weniger geht es in der Strepp-Affäre. Während der Anruf vom Bundespräsidenten, der eigentlich zum Emir will, noch als eher harmlos einzuschätzen ist, steckt hinter dem jüngsten Versuch der Einflussnahme auf das Programm eines TV-Senders mehr Gefahrenpotenzial. Die politischen Parteien sitzen schließlich prominent vertreten in Rundfunkräten und nehmen zumindest indirekt Einfluss auf Programm und Karrieren.

Dem ZDF und seiner Führung muss gedankt werden, da die Verantwortlichen nicht eingeknickt sind und die Vorgänge öffentlich gemacht haben. Denn schon der Verdacht und das eigene ungute Gefühl, unredlich unter Druck gesetzt worden zu sein genügt für einen Angriff auf die Pressefreiheit. Für Seehofer ist die jüngste Entwicklung eine Katastrophe, denn nicht vor allzu langer Zeit hatte „Kult-Horst“ dem ZDF ein Highlight beschert. Aber auch hierbei hatte der Politiker letztlich die Medien und das ZDF für seine politischen Zwecke eingespannt. So scheint Seehofer über Medien zu denken. Das sollte Medienvertrern zu denken geben.

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Quellen und Kommentare:
„So etwas gab es lange nicht“ (ZDF)

„CSU-Sprecher Strepp tritt zurück (ZDF)“

Strepps schwer erklärbarer Fauxpas (Die Zeit)

Artikelbild. CSU Logo Schwarz Weiß + Horst Seehofer. CSU-Pressebilder.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.