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Datenskandal könnte Bundestagswahl entscheiden

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14. Juli 2013

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Datenskandal könnte Bundestagswahl entscheiden

Angela Merkel schwimmt in Datenfragen. Zu ihrer Biografie gehört das transatlantische Verhältnis als eine tragende Säule und das könnte ihr politisches Ende bedeuten.

Natürlich muss man nicht sofort jedem Denunzianten trauen und langjährige Freundschaften in Frage stellen. Das würde man im Privaten auch nicht machen, beispielsweise wenn eine entfernter Bekannter die eigene Freundin beim Fremdgehen ertappt haben will, dann sollte man zunächst dem Partner trauen. Häufen sich die Hinweise allerdings, dann ist Vorsicht geboten. Aber beim Thema NSA-Überwachung liegt der Fall so: Deutsche Interessen sind nicht nur beim Thema Terrorabwehr betroffen, sondern es geht ganz offensichtlich auch um Industriespionage und damit um Milliardennachteile für die deutsche Wirtschaft. Wie wir neuerdings ebenfalls wissen, kommt auch noch das politische Ausspähen bei gemeinsamen Treffen hinzu. Etwas viele Probleme, die man nicht einfach mit einem Vertrauen aus Prinzip wegwischen darf.

Snowden ist kein Spinner

Die Welt ist ins Wanken geraten durch die Enthüllungen von Edward Snowden, den ehemaligen Mitarbeiter der NSA, der über Hongkong nach Russland geflohen ist und jetzt dort festsitzt. Ein Mann, der selbst über sein früheres Leben gesagt hat: „Vor etwas mehr als einem Monat hatte ich eine Familie, ein Haus im Paradies und lebte in großem Wohlstand. Und ich hatte die Möglichkeit, ohne jede Ermächtigung Ihre Kommunikation zu durchsuchen und zu lesen.“

Snowden hat sein damaliges Leben aufgegeben, um nicht in einer überwachten Welt leben zu müssen. Das ist mutig und hebt ihn ab von Spinnern oder Verschwörungstheoretikern, deren Motivlage unklar ist.

Es ist auch staatspolitisch nicht hinnehmbar, dass die USA anderen Staaten mit Wirtschaftssanktionen droht, die Snwoden Asyl gewähren könnten. Der bolivianischen Präsident Evo Morales wurde sogar zur Landung gezwungen, weil man Snowden als menschliches Gepäck in seiner Maschine vermutete.

Deutschlands Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Wenn Deutschland auch in Zukunft noch als Staat anerkannt werden will, der sich um Menschenrechte in anderen Ländern sorgt, dann sollte die Bundesregierung eingreifen und Snowden im Zweifelsfall ins Zeugenschutzprogramm aufnehmen. Auch Asyl wäre ohne Frage möglich, denn Snowden ist eindeutig politisch verfolgt in den USA. Das weiß die ganze Welt.

Die Bundesregierung besteht derzeit allerdings aus lazter Feiglingen, die eine falsche Vorstellung von Freundschaft pflegen. Bundesinnenminister Friedrich hat das gerade mit seiner unnützen Demonstrativ-Reise in die USA bewiesen. Er betont nach wie vor, dass die Terrorabwehr millionenfachen Rechtsbruch rechtfertigt. Es ist absurd, dass es keine technische Vorauswahl geben soll, die im Einklang mit Gesetzen ist und gleichzeitig den Schutz der Privatsphäre sicherstellt.

Das Problem der massenhaften Ausspähung von Daten ist auch, dass die Vereinigten Staaten irgendwann durch die gesammelten Informationen die Gesetze in anderen Ländern beeinflussen könnten. Was passiert eigentlich, wenn Unternehmen sich Informationen bei der NSA kauft? Der Wettbewerber mit mehr Geld und weniger Skrupeln gewinnt im Wettbewerb? Welche Konsequenzen hat es, wenn in deutschen Strafprozessen Informationen auftauchen, die Mörder überführen würden, aber hier prozessual nicht eingeführt werden dürften? Man kann sicher sein, dass der Datenschutz hierzulande auf diese Weise ausgehöhlt werden wird. Ist uns solch ein Erfolg die Aufgabe der Privatheit wirklich wert?

Schadenersatzansprüche gegen US-Unternehmen

Es wird vielleicht noch etwas dauern, aber das Thema NSA-Datenskandal hat genügend Brisanz um die Bundestagswahl noch zu kippen. In den nächsten Wochen dürften die Berichte über Industriespionage zunehmen, denn weltweit stellen Journalisten Fragen und sind auf der Suche nach Informanten. Daraus könnten sich neue Erkenntnisse ergeben. Dann könnte die Stimmung, die momentan noch dem Staat erhebliche Eingriffe zur Terrorabwehr erlaubt, kippen. Wer glaubt eigentlich der NSA, wenn sie ihre weltweiten Erfolge im Kampf gegen den Terror beziffert?

Die Zusammenarbeit von Microsoft mit der NSA beispielsweise könnte, sofern die Vorwürfe richtig sind, dieses und andere US-Unternehmen in den finanziellen Abgrund führen. Denn kaum ein Unternehmen oder privater User dürfte mit seinem Lizenzvertrag das Ausspähen erlaubt haben. Microsoft hätte dann milliardenfachen Vertragsbruch begangen und zumindest hierzulande dürften die Unternehmenslenker gegen Rechtsvorschriften gehandelt haben. Wenn man auch von der Politik nur wenig erwarten darf, mögliche Schadenersatzansprüche gegen US-Unternehmen und Zivilklagen könnten erfolgreicher sein als unsere derzeitige politische Anführerin Angela Merkel, die einer falschen Vorstellung von Freundschaft folgt.

Artikelbild: Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported lizenziert. Namensnennung des Rechteinhabers: Laura Poitras / Praxis Films.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.