Das Phantom Florian Homm taucht auf und ab
Florian Homm wird seit 2007 gesucht. Von vielen Anlegern, von der US-Börsenaufsicht und privaten Ermittlern. Jetzt tauchte er kurz zu dubiosen Interviews auf, um sein Buch zu promoten.
Es gibt Menschen, die sich sehr mit selbst beschäftigen. Manche beschäftigen sich nur mit sich selbst. Zu dieser Kategorie Menschen gehört sicherlich Florian Homm. Narzissmus nennt man diese Selbstbezogenheit wohl in der Sprache der Psychologen. Aber Florian Homm fasziniert auch andere, denn er ist ein Grenzgänger und das in vielerlei Hinsicht.
Florian Homm war Anfang des Jahrtausends die größte und bekannteste Heuschrecke Deutschlands. Damals, als es den Begriff der Heuschrecke noch gar nicht gab. Er beschrieb sich damals selbst gerne als „Plattmacher“ oder „Troublemaker„. Heute sind ihm solche Dinge zuwider, sagt er zumindest.
Was passierte 2007?
Florian Homm verschwand im Herbst 2007 von einem Tag auf den anderen. Augenzeugen wollten ihn zuletzt in Zürich in einer Diskothek gesehen haben. Homm, der lange Zeit auf Mallorca lebte, hinterließ jedenfalls viel verbrannte Erde bei seinem Verschwinden. Seine Fondsmanagementgesellschaft Absolute Capital Management (ACM) blieb auf zahlreichen Problemen sitzen. Homm begründete seinen Weggang einmal mit unterschiedlichen Philosophien im Management. Er schrieb in einem offenen Brief an die ACM-Aktionäre: „Ich habe beschlossen, dass es Zeit ist, die Firma zu verlassen und mich anderen Aufgaben zu widmen“. Der Kurs der Aktie brach um 70 Prozent ein damals. Was genau geschah und wer wie viel Geld verlor, blieb der Öffentlichkeit weitgehend verborgen.
Homm soll zwischen 150 und 300 Millionen Euro mitgenommen haben sagen die einen, gestohlen haben sagen andere. Homm bestreitet das vehement und vertreibt stattdessen die Botschaft, nur noch wenig Geld zu besitzen. Aber er hatte wohl mal 400 Millionen auf dem Konto und findet das heute angeblich nicht mehr „das Gelbe vom Ei“. Gier sei nicht geil ist eine dieser Erkenntnisse von Homm, die man ihm nicht recht abnehmen will. Genausowenig wie dem geläuterten Gordon Gekko im zweiten Teil vom Film „Wall Street“.
Was Homm vorgeworfen wird
Viele Anleger, die auf Homm als Anlageexperten setzten und seiner Anlagekunst vertrauten, verloren viel Geld. Die Käufer von Zertifikaten beispielsweise. Die SEB hatte damals ein Homm-Zertifikat – das „The Absolute Diversified HOMM Select I-B Index“ herausgegeben und Anleger jahrelang vertröstet, da der Fonds keine Wertentwicklung mehr ausgewiesen hatte. Letztlich blieben den meisten Anlegern wohl hohe Verluste. Ob dabei strafbare Handlungen zum Einsatz kamen, ist eine ganz andere, eine juristische Frage.
In einem Verfahren der SEC wird Homm genauso angeklagt wie ein Todd M. Ficeto. Das Verfahren wurde zuletzt (2012) wieder in Gang gesetzt. Der Vorwurf lautet auf Betrug, der innerhalb des Fonds erfolgte. So sollen Homm & Friends wertlose eigene Beteiligungen an den Fonds verkauft haben. In der Anklageschrift ist von verschiedenen Manipulationstechniken die Rede. Interessanterweise wird Homm bei der SEC als Spanier geführt, vermutlich weil er zum Zeitpunkt der ersten Anklageerhebung mit Wohnsitz in Spanien gemeldet war.
Ferner soll es Ermittlungen gegen Homm von der US-Drogenpolizei geben. Homm behauptet davon nichts zu wissen.
Die Interviews
Die Zusammenkünfte der Redakteure der FTD, des Stern und der Süddeutschen (per Telefon) mit dem Phantom Florian Homm hatten etwas Geheimnisvolles. Wie bei einem konspirativen Meeting mit einem Geheimdienstmann oder einem gesuchten Terroristen. So beschreiben die Journalisten jedenfalls die Prozedur. Die Inszenierung war perfekt.
In Paris erzählte Florian Homm, der einst öffentlichkeitswirksam Aktien von Borussia Dortmund gekauft hatte, seine Versionen der vielen Geschichten, die ihm angedichtet werden. Denn Homm ist längst auch ein Mythos. Überall wo Aktienmanipulation vermutet wird, da ist sofort Florian Homm verdächtig. Das galt jüngst bei einem Verfahren in München, in das Börsenjournalisten verwickelt waren.
Homm über Homm
Florian Homm ist bei seinen Selbstbeschreibungen einfallsreich, das zeigen einige Formulierungen aus den Interviews mit ihm: „Ich war ein Schwachmat“ (SZ). „Ich war seelisch und moralisch verloren. Ich musste abhauen.“ (Stern). „Ich war während der letzten Jahre meiner Finanzkarriere nur noch ein Automat, eine primitive Geldmaschine.“ (Stern). „Ich bin ein krasser Typ, ein Pitbull.“ (FTD).
Homm und sein Jäger
Eine besonders innige Beziehung pflegt Florian Homm offenbar zu seinem Jäger Josef Resch, der als Ermittler die Wirtschaftfahndung Wifka betreibt. Resch hatte im Mai 2012 die Ereignisse beschleunigt, als er ein Video zur Belobigung eines Kopfgeldes veröffentlichte. Seitdem scheint sich Homm nicht mehr sicher zu fühlen auf seiner Yacht oder in Südamerika.
Eine weitere Eskalationsstufe wurde erreicht als plötzlich Fremde im Büro von Josef Resch auftauchten. Homm bestreitet im Interview mit der FTD, dass er damit zu tun habe. Jedenfalls zogen sich die Geldgeber des Fahndungsaufrufs zurück. Homm Strategie ging auf. Zunächst.
Zum Nachlesen
Die Interviews mit Florian Homm beinhalten viele zusätzliche Details. So beschreibt Homm, dass er jetzt jeden Tag bete. Seine Beziehung zu seiner Familie ist ebenfalls ein Thema und speziell zu seiner Frau.
Homm-Interview in der SZ.
Homm-Interview in der FTD.
Homm-Interview im Stern.
Buch zum Homm
Das Buch „Kopf Geld Jagd“ erscheint in der nächsten Woche im Finanzbuchverlag (FBV). Dem Chef des FBV, Christian Jund, gelingt damit ein spektukulärer Deal. Homm ist schließlich in der deutschen Anlageszene der Gordon Gekko hierzulande. Gekko musste für viele Jahre ins Gefängnis. Ob Florian Homm dieses Schicksal auch blüht, wird abzuwarten sein.
Im Verlagsimperium von Jund erschien zuletzt das Buch von Bettina Wulff. Auch dieses Buch wurde mit einem Paukenschlag eingeführt. Später scheiterte die PR-Kampagne der PR-Frau in eigener Sache und Wulff erntete vor allem Häme. Das lag wohl auch an mancher misslungener Formulierung im Buch. Kurz vor Buchveröffentlichung waren die Klagen gegen Günther Jauch und andere, die abscheuliche Gerüchte über die ehemalige First Lady in Umlauf gebracht hatten. Wulff wurde jedoch unterstellt, dass diese Klagen Teil der Vermarktungsstrategie ihres Buches seien. Dabei hatte sie Monate zuvor bereits ihre Anwälte aktiviert.
Ein anderer spektakulärer Autor mit letztlich wenig Fortune hatte ebenfalls bei Christian Jund unterschrieben. Der Pleitier der Société Générale, Jérôme Kerviel. Kurz bevor seine Treiben bei der Société Générale im Januar 2008 aufflog, jonglierte Kerviel mit DAX-Futures und bewegte den Markt zu seiner besten Zeit fast alleine. Seine Handelspositionen machten in der Summe bis zu 50 Milliarden Euro aus. Am Ende stand ein Verlust von 4,9 Milliarden Euro in den Büchern der Bank. „Mit diesem Buch bricht der berühmt-berüchtigte Trader sein Schweigen. Er bekennt sich freimütig zu seinen Fehlern. Dafür geradestehen will er jedoch nicht. Denn die Schuld an dem Desaster sieht er bei anderen…“ so formulierte der Verlag damals. Kerviel wurde inzwischen zu fünf Jahren Haft und zu Schadenersatz in Höhe von 4,9 Milliarden Euro verurteilt. Das Urteil wurde im Oktober 2012 von einem französischen Berufungsgericht bestätigt.
Was will Homm?
Florian Homms Interviews gehören sicher ebenfalls in die Kategorie: Ich mache Promotion für das Buch und versuche meine Sicht der Dinge durchzudrücken. Spannender als die Inhalte des Buches dürfte letztlich sein, ob sich Florian Homm den Verfahren gegen seine Person tatsächlich irgendwann stellt, wie er im Gespräch mit Simone Boehringer (SZ) angekündigt hat. Wahrscheinlich ist das Gesagte jedoch nur typisch „hommesk“, dient also der Pointe des Augenblicks.
Vielleicht wollte Homm auch nur die Gelegenheit nutzen, seinen Gegnern eine Botschaft zukommen zu lassen. Damit niemand weiter auf ihn Jagd macht. In seinem Interview mit der Financial Times Deutschland sagte Homm: »Ich werde alles daran setzen, die Hintermänner zu enttarnen, und sie dann neutralisieren …in pazifistischer Form, natürlich. Das heißt, ich werde sie vor Gericht bringen«. Das ist schon eher der alte Homm.
Artikelbild: Buchcover. FBV.