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Credit Suisse: Kehrt die Eurokrise zurück?

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25. März 2013

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Credit Suisse: Kehrt die Eurokrise zurück?

Europa erzielte in den letzten sechs Monaten Fortschritte, doch das Rettungspaket für Zypern und das politische Patt in Italien lösten erneut Sorgen über den Zustand der Eurozone aus.

Lorenzo Bini Smaghi, ehemaliges Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank sowie Gastprofessor am Weatherhead Center for International Affairs der Harvard University und am Istituto Affari Internazionali, äussert sich über die aktuelle Lage.

Cushla Sherlock: Das politische Patt in Italien und das Rettungspaket für Zypern haben erneut Sorgen in der Eurozone geschürt. Erleben wir eine Rückkehr der Eurokrise?

Lorenzo Bini Smaghi: Die Eurokrise hat sich in den letzten Jahren wiederholt abgeschwächt und intensiviert. Sobald die Märkte nervös wurden, haben die Politiker reagiert. Wenn sich die Märkte ruhig verhielten, haben sich die Politiker nicht um die Umsetzung der erforderlichen Massnahmen gekümmert. Möglicherweise erleben wir daher einen neuen Anstieg der Instabilität, der schliesslich dazu führen könnte, dass neue Schritte unternommen werden.

Das italienische Wahlergebnis hat gezeigt, dass die Bevölkerung die Sparpolitik ablehnt. Kann eine Änderung der alten Politik durch den Staat erzwungen werden?

Ich erkenne zwei Botschaften des italienischen Wahlergebnisses. Erstens wünschen sich die Wähler einen Wechsel in der politischen Elite, deren Vertreter als alt und unglaubwürdig wahrgenommen werden. Meiner Ansicht nach lehnen die Wähler die Sparpolitik ab, sind aber unsicher, wie die Alternative aussieht. Sie fürchten, dass sich ihnen eine ähnliche Alternative wie in Griechenland bietet, was sie ebenfalls ablehnen. Letztendlich handelt es sich dabei um einen Austritt aus der Eurozone, und ich glaube nicht, dass die Italiener die Eurozone verlassen wollen. Es gibt also keine echte Alternative zu der Sparpolitik. Jedoch besteht Einigkeit darüber, dass es Reformen bedarf, um die Sparmassnahmen besser zu bewältigen.

Ist Italien von allen Ländern in der Eurozone Ihres Erachtens derzeit in der schwersten Lage?

Nein, meiner Meinung nach befindet sich Griechenland in der schwersten Lage, und das Land ist gezwungen, Änderungen umzusetzen. Die italienischen Daten zeigen zwar, dass das BIP deutlich gesunken ist und im laufenden Jahr noch weiter zurückgehen könnte. Zudem erfolgen die Gegenmassnahmen nur mit Verzögerung. Möglicherweise erklärt diese Verzögerung bereits, wieso die Erholung der italienischen Wirtschaft so viel Zeit in Anspruch nimmt und das Volk den Politikern für die erzielten Fortschritte nicht sein Vertrauen ausgesprochen hat.

Mario Draghi hat u. a. darauf hingewiesen, dass der Kreditmarkt austrocknet und die Wirtschaftstätigkeit in vielen Ländern zurückgeht. Muss die EZB das Tempo noch weiter erhöhen?

Die Geldpolitik ist natürlich ein effizientes Mittel. Die Inflation ist niedrig, und die Prognosen wurden nach unten revidiert, sodass weiterer Spielraum besteht. Aber das reicht selbstverständlich nicht aus. Nicht alle Probleme können mit geldpolitischen Massnahmen gelöst werden. Es müssen noch zahlreiche Reformen umgesetzt werden.

Welche politischen und wirtschaftlichen Strukturen würden eine gesunde Funktionsweise der Eurozone ermöglichen?

Das ist die grundlegende Frage. Die Politiker müssen unter Druck gesetzt werden, da sie den Bürgern des eigenen Landes die bittere Pille nicht verabreichen wollen. Sie müssen durch den Markt dazu gedrängt werden. Wenn der Markt zu grossen Druck ausübt, wird die Medizin nahezu ungeniessbar. Doch wenn kein Druck besteht, scheinen sich die Politiker zurückzulehnen. Daher dürfte in den kommenden Jahren ein sehr unsicheres Gleichgewicht bestehen.

Glauben Sie an die Zukunft der Gemeinschaftswährung?

Ja, solange deren Fortbestand im Interesse der Bevölkerung ist. Im Moment lehnen die Menschen die von ihnen verlangten Veränderungen ab. Vor zehn Jahren zeigte sich in Deutschland ein ähnliches Bild. Veränderungen brauchen Zeit. Doch die Alternative erscheint weitaus schlimmer. Niemand in Griechenland möchte ernsthaft zur Drachme zurückkehren, denn sie würde in wenigen Monaten wertlos sein. Es ist also der Euro, der Europa derzeit zusammenhält.

 

QUELLE: Pressemitteilung Credit Suisse.

Autor: Cushla Sherlock, Corporate Communications.

Artikelbildquelle/-rechte: Credit Suisse.
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