„Chicago Boys“
Nobelpreisträger Paul Krugman nennt sie die „Chicago Boys“: Die Mathematiker und Ökonomen aus Chicago.
In Chicago erklärt eine ganz spezielle Gruppe von Ökonomen die Welt. Dazu gehört Eugene F. Fama. Ein oft prämierter Guru der mathematischen Modelle, der die Effizienzmarkttheorie mit begründet hat. Er wird von der Finanzbranche hofiert und mit Preisen überschüttet, da seine Überlegungen manche Finanzprodukte erst möglich gemacht haben. Dafür muss der Professor aus Chicago sich einige Angriffe von Pau Krugman gefallen lassen. Eugene Fama erläuterte seine Sicht in einem Interview mit dem New Yorker. Fama konterte im Interview Angriffe auf seine Positionen mit dem Hinweis, wer von Krugman angegriffen werde, müsse etwas richtig gemacht haben.
Interessanterweise war Fama im Jahr 2008 der Favorit der Buchmacher für den Wirtschaftsnobelpreis. Den Preis im Krisenjahr bekam jedoch Krugman. Die beiden werden jedenfalls keine Freunde mehr. In jedem Fall ist der Streit von Eugene Fama und Paul Krugman (Keynesianer) eine der spannendsten ökonomischen Diskussionen seit Jahren. Krugman verfolgt akribisch die Papiere und Äußerungen von Fama, kommentiert diese in seiner Kolumne für die New York Times und arbeitet Korrekturen von Fama heraus.
Eugene F. Fama (University of Chicago)
Paul Krugman (New York Times). Hier finden sich eine Reihe von Krugman-Artikeln über Eugene Fama.
Einen nachdenklichen Kommentar zum Thema Marktversagen schrieb Thomas Straubhaar in der FTD: „Der große Irrtum„
Allerdings sollte man – selbst wenn man Krugman folgt – Fama und seine Forschungen nicht allein für die Krise verantwortlich machen. Viel dramatischer ist eine Auskopplung und Weiterentwicklung der Idee, man könne alles berechnen: Inzwischen gibt es Financial Engineering als eigenen Ausbildungsgang. In dieser Disziplin sollen aus einfachen Finanzprodukten, wie sie an der Terminbörse EUREX gehandelt werden, komplizierte Finanzprodukte gebastelt werden. Dabei geht zu oft die Sinnhaftigkeit verloren.
[divider top=“0″]Financial Engineering ist in einer Lehrbuchbeschreibung: »Ein Vorgang, bei dem mehrere Finanzprodukte so ausgewählt und aneinander gekoppelt werden, dass sie den ganz besonderen Anliegen und Zielen eines Anlegers bzw. auch eines Darlehn suchenden Unternehmens entsprechen. Als Lehre die systematische Darstellung der Möglichkeiten und Auswirkungen des Zusammenspiels mehrerer Finanzprodukte. In diesem Sinne als eigener Wissenschaftszweig seit etwa 1980 aufgekommen, haben sich die bezüglichen Erörterungen stark mathematisiert; gleichzeitig damit koppelte sich die Theorie immer mehr von der Realität (vor allem: juristische Gegebenheiten im jeweiligen Staat; global und heimatstaatlich geltende steuerliche Gesichtspunkte; aufsichtsrechtliche Beschränkungen; volkswirtschaftliche Grunddaten in dem jeweiligen Anlageland) ab und entfernte sich zunehmend von der klassischen Finanzanalyse.« (Universitätsprofessor Dr. Gerhard Merk, Universität Siegen).