Mappus unter Verdacht – Staatsanwalt ermittelt
Stefan Mappus hatte den Rückkauf von EnBW-Anteilen als politischen Coup geplant. Dabei wurde der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg von einem Investmentbanker gelenkt. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Stefan Mappus hatte freihändig ein Geschäft im Umfang von 4,7 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Kurz darauf folgte mit Fukushima eine Atomkatastrophe in Japan und die börsennotierten Anteile fielen für alle sichtbar weiter. Nicht nur deshalb wählten die Bürger am 12. Mai 2011 im Ländle mit Winfried Kretschmann einen Grünen zum Ministerpräsidenten. Der Deal des Kaufes war dennoch rechtsverbindlich und wurde abgewickelt. Der Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg erklärte das Geschäft für verfassungswidrig. In einem späteren Untersuchungsausschuß kamen neue Details ans Tageslicht, die zeigen, wie Mappus als Marionette gelenkt wurde.
Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das Ländle 840 Millionen Euro zu viel für den Deal bezahlt hatte. Zudem war die Beauftragung von Morgan Stanley freihändig und ohne Konkurrenzangebot erfolgt. Das wirft weitere Fragen auf. Damit wird sich jetzt die Justiz beschäftigen, wie aus der folgenden Pressemeldung hervorgeht. In Pforzheim, Mühlacker, Bad Soden, Ettlingen, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Karlsruhe und Stuttgart wurden Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht. Gegen den Deutschland-Chef von Morgan Stanley Dirk Notheis, der ein Jugend- und Parteifreund von Mappus ist, wird ebenfalls ermittelt.
[spoiler title=“Pressemeldung Stuttgarter Staatsanwaltschaft“ open=“0″ style=“1″] Baden Württemberg Staatsanwaltschaft StuttgartPressemitteilung 11.07.2012
Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus und gegen Dr. Dirk Notheis im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Aktien durch das Land Baden-Württemberg im Dezember 2010 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue bzw. der Beihilfe zur Untreue eingeleitet.
Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens werden am 11.07.2012 in Pforzheim, Mühlacker, Bad Soden, Ettlingen, Frankfurt a.M., Düsseldorf, Karlsruhe und Stuttgart fünf Wohnungen und fünf Geschäfts- bzw. Büroräume durchsucht. An der Aktion sind neben der Staatsanwaltschaft Stuttgart rund 50 Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums Stuttgart und der örtlichen Polizei beteiligt. Es wurden bereits schriftliche Unterlagen und Datenträger sichergestellt, die nun auszuwerten sind.
Aus dem Gutachten des Rechnungshofes des Landes Baden-Württemberg vom 20.06.2012, welches die Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Prüfung eines möglichen Anfangsverdachts vom Rechnungshof angefordert hatte, ergeben sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass sich der ehemalige Ministerpräsident Mappus beim Erwerb der Aktien der Untreue und der Beschuldigte Dr. Notheis wegen Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht haben könnten.
Der Verdacht einer Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes ergibt sich aus dem vom Rechnungshof festgestellten Umstand, dass der Erwerb der Aktien nicht ordnungsgemäß vorbereitet worden war. Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aktienkaufvertrages vom 06.12.2010 und der in diesem Vertrag vom Land Baden-Württemberg übernommenen selbstschuldnerischen Haftung für die Erfüllung der Kaufpreisverpflichtung der Neckarpri GmbH als unmittelbarer Käuferin der Anteile habe keine ausreichende Wirtschaftlichkeitsprüfung stattgefunden. Die Prüfung des „wichtigen Landesinteresses“, das nach der Landeshaushaltsordnung Voraussetzung für die Beteiligung des Landes an einem Unternehmen ist, sei nur unzureichend durchgeführt. Das Verfahren beim Vertragsschluss habe der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung widersprochen, weil weder der Landtag, noch das Finanzministerium und der Rechnungshof informiert worden seien.
Aus dem Gutachten des Rechnungshofes ergeben sich außerdem zureichende Anhaltspunkte für einen dem Land entstandenen Vermögensnachteil. Es seien keine nachvollziehbaren Gründe vorhanden, warum der Vertrag nicht zu einem Kaufpreis von 39,90 Euro pro Aktie, der von der EDF zunächst als Preisuntergrenze angegeben worden war, abgeschlossen wurde. Die Aufrundung um 10 Cent pro Aktie auf 40,- Euro ließ die Kaufpreissumme um insgesamt 11,2 Millionen Euro ansteigen, wodurch in dieser Höhe ein Nachteil für das Vermögen des Landes eingetreten sein könnte. Obwohl bei der Einigung über den Kaufpreis alle Konditionen besprochen worden waren, habe der Beschuldigte Mappus anschließend außerdem die Erhöhung auf 41,50 Euro pro Aktie zur Kompensation der Dividende für das Jahr 2010 ohne weitere Verhandlungen akzeptiert, wodurch sich die Kaufpreissumme um weitere 170 Millionen Euro erhöht habe.
Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass durch die Beauftragung der Morgan Stanley Bank AG dem Land Baden-Württemberg ein Vermögensschaden entstanden sein könnte. Die Bank erhielt zunächst pauschal den Auftrag zur Durchführung der Kaufvertragsverhandlungen, ohne dass das zu zahlende Honorar vereinbart worden war. Anschließend wurden die Honorarvorstellungen der Bank ohne Verhandlungen und vor allem ohne Prüfung wirtschaftlicherer Alternativen akzeptiert, wobei die Höhe des Honorars an den Kaufpreis gekoppelt wurde.
Schließlich ist aus der Sicht des Rechnungshofes nicht nachvollziehbar, dass die Prüfung der aufgeworfenen öffentlich-rechtlichen Fragen des Erwerbsgeschäfts (insbesondere der verfassungsrechtlichen Vorfragen) nicht durch die in diesen Fragen erfahrenen Experten der zuständigen Ministerien, sondern durch eine externe Rechtsanwaltskanzlei erfolgte. Es besteht der Verdacht, dass dem Land durch deren Beauftragung auch insoweit ein Vermögensnachteil entstanden ist.[/spoiler]
Artikelbild: Wiki Commons. Stefan Mappus 2010. Jacques Grießmayer.