Rechnen Sie auch Grüne Investments spitz!
An den Finanzmärkten, aber auch im realen Leben gibt es keinen free lunch. Überrenditen lassen sich im Wettbewerb nicht erzielen. Das mag zwar manchen Betrachter empören, denn diese Sichtweise beruht auf der Effizienz von Kapitalmärkten. Richtig ist diese Sicht trotzdem.
Die Solarindustrie mag zwar hochmodern sein, aber viele deutsche Anbieter haben es nicht geschafft, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu entwickeln. In der ersten Jahreshälfte fielen die Gesellschaften reihenweise um. Sovello und Q-Cells sind die Namen zweier Gesellschaften, die jüngst in Probleme gerieten und sich insolvent meldeten. Dabei spielten die Rahmenbedingungen – geringere Förderung – weniger eine Rolle. Wichtiger waren klassische Managementfehler.
Die meisten Anbieter der Branche bestachen in der Vergangenheit durch überdurchschnittliche Renditen. Natürlich waren diese zum Anschub subventioniert, um die Investments attraktiv zu gestalten. Leider haben sich viele Anbieter in der Branche auf einen Überbietungswettbewerb eingelassen, um jetzt in Problemen zu sein. Dabei sind die Geschäftsmodelle der Anbieter ganz unterschiedlich gewesen. Manche setzen auf die klassische Anleihenfinanzierung. Andere versuchten es mit dem einmaligen Kapitaleffekt eines Börsenganges und andere setzen auf hybride Finanzierungsformen und geben beispielsweise Genussscheine aus.
[box title=“Stichwort Genussrechte“ color=“#D67E29″]Genussrechte sind Vermögensrechte, die in der Praxis unterschiedlich ausgestaltet sein können. Üblicherweise erhalten die Halter eines Genussscheins einen Anteil am Reingewinn. Nicht unüblich ist es aber auch, dass das Genusskapital am Verlust beteiligt ist und im Falle einer Insolvenz zunächst die Gläubiger anstehen dürfen. Anders als bei Aktien erhalten Genussrechteinhaber keine Mitgliedsrechte. Genussrechte sind hybride Finanzierungsformen, da der Inhaber sowohl typische Fremd- und Eigenkapitalrechte hat.[/box]
Genussrechte gibt beispielsweise die PROKON Unternehmensgruppe aus. Etwa 50 000 Anleger haben inzwischen fast 870 Millionen Euro angelegt. Das Unternehmen weist Gewinne aus. Prokon wirbt mit hohen Renditen. Genau an dieser Stelle hakte das Wirtschaftmagazin CAPITAL nach (Lücken in der Ökobilanz). Das Problem bei PROKON sei die interne Bilanzierung heißt es. Es geht dabei um die Bewertung von fertiggestellten Anlagen. Diese erfahren nach der Fertigstellung eine wirtschaftliche Neubewertung. Michael Olbrich, Professor am Institut für Wirtschaftsprüfung der Universität des Saarlandes, wird von CAPITAL so zitiert: Er hege „Zweifel, dass es sich bei der Prokon um ein seriöses Unternehmen handelt“. Das ist starker Tobak. PROKON sieht es anders und veröffentlichte vorsorglich die Antworten auf die Fragen (LINK). Die Antworten des Unternehmens klingen wie der aussichtslose Kampf von Don Quixote gegen Windmühlenräder. Journalisten wollen das Konzept einfach nicht verstehen. Und der Schreiber dort verbindet die Kritik, die er aus den Fragen liest, mit einigen Seitenhieben in unterschiedliche Richtungen.
Als Außenstehender ist es schwierig die Bilanzzusammenhänge zu durchleuchten, denn anders als bei Publikumsgesellschaften ist die Transparenz hier nicht wirklich hoch. PROKON ist sich dessen aber bewußt und will die Struktur verändern. Das ist positiv. Anleger sollten auch wissen: Bei Immobilienfonds gab es jahrelang so genannte Einwertungsgewinne als Phänomen, die nur wenige Insider gestört haben: Nach Kauf einer Immobilie stieg deren angenommener Wert bei der Bewertung entgegen aller Erfahrung (Kaufnebenkosten fallen an). Daraus ergaben sich Wertsteigerungen des Fonds und letztlich Ausschüttungen für Anleger, die in der Krise dann wieder abgebaut werden mussten. Sollten die bilanzierten Windkraftanlagen im prognostizierten Wert wegen sinkender Preise für Energie dauerhaft fallen, dann wird auch dieses Unternehmen seine Bewertungsansätze überprüfen müssen. Nur diese Einblicke haben Anleger nicht wirklich bei PROKON. Und: Es ist zweifelhaft, ob Anleger tatsächlich zu Bilanzexperten mutieren wollen, wenn sie ein Investment tätigen.
Anleger müssen bei aller Sympathie für grüne Investments genau hinschauen. Es gibt leider immer wieder Beispiele von nicht nachhaltigen Konzepten mit einem alternativen Anstrich. Das sagt nichts über die aktuellen Player am Markt aus und Genussscheine-Konzepte sind nicht deshalb schlecht, weil sie komplizierter zu verstehen sind.
Wenn man so will: Anleger erkaufen sich eine überdurchschnittliche Rendite mit dem Risiko des Geschäftsmodells, fehlender Liquidität, weniger Transparenz und geringeren Mitspracherechten. Den „free lunch“ gibt es also wirklich nicht. Auch nicht bei grünen Investments. Machen Sie was draus und rechnen Sie spitz nach.
Artikel im Handelsblatt über PROKON.
Artikelbild: Q-Cells Finsterwalde. Pressefoto.