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ESM: Verfassungsgericht stärkt Rechte der Parlamentarier

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19. Juni 2012

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ESM: Verfassungsgericht stärkt Rechte der Parlamentarier

Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Informationsrechte der Parlamentarier in Fragen des Europäischen Rettungsschirms (ESM). Die Verfassungsrichter urteilten im Sinne der klagenden Bündnisgrünen. Die Bundesregierung hätte 2011 das Parlament bei den Verhandlungen zum ESM informieren müssen.

Die Bundesregierung hat die Rechte des Bundestages aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG) verletzt. Nach diesem Satz muss die Regierung in Angelegenheiten der Europäischen Union den Bundestag und den Bundesrat „umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ unterrichten.

Bei den Verhandlungen über den „Euro-Plus-Pakt“ zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik habe die Regierung Informationsrechte des Parlaments ebenfalls verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvE 4/11). Ein Beispiel: Die Bundesregierung unterließ es dem Deutschen Bundestag ein inoffizielles Dokument der Präsidenten der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates vom 25. Februar 2011 mit der Bezeichnung „Enhanced Economic Policy Coordination in the Euro Area – Main Features and Concepts“ zu übermitteln. Darin waren laut Verfassungsrichtern wesentliche Inhalte des Paktes für Wettbewerbsfähigkeit – später Euro-Plus-Pakt genannt – beschrieben. „Erst am 11. März 2011 übersandte die Regierung den offiziellen Entwurf eines Paktes für Wettbewerbsfähigkeit. Zu diesem Zeitpunkt bestand für den Deutschen Bundestag keine Möglichkeit mehr, dessen Inhalt zu diskutieren und durch eine Stellungnahme auf die Bundesregierung einzuwirken, da die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sich bereits am gleichen Tag, dem 11. März 2011, auf den Pakt einigten“, so die Verfassungsrichter.

Folgen des Urteils

Direkte Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Beschlüsse zur Euro-Rettung hat das Urteil nicht. Die Bundesregierung muss allerdings künftig  das Parlament bereits im Vorfeld von Entscheidungen besser informieren. »Die Unterrichtung muss dem Bundestag eine frühzeitige und effektive Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung eröffnen und so erfolgen, dass das Parlament nicht in eine bloß nachvollziehende Rolle gerät«. So Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. In der Entscheidung sieht Voßkuhle einen weiteren wichtigen »Baustein in einer Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Stärkung parlamentarischer Verantwortung im Rahmen der europäischen Integration«.

Der pernamente ESM folgt dem EFSF. Bislang gibt es einen Regierungsbeschluss, der jetzt durch den Bundestag muss. Deutschland zeichnet für 190 Milliarden Euro genehmigtes Kapital des ESM. (Quelle:Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Fundort: Seite des BMF) Wer mehr wissen will: Hier die offizielle Lesart.

Die Verfassungsrichter hatten zuletzt auch die Pläne, wichtige Entscheidungen auf ein Geheimgremium aus nur neun Abgeordneten zu übertragen, gestoppt.

Pressemeldung zum Urteil.

Artikelbild: Pressefoto. 2. Senat BVG.


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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.