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Europa: Wie man eine Krise verschärft

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4. Juni 2012

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Europa: Wie man eine Krise verschärft

Politikern tapsen von einer Kleinkrise in die nächste und machen daraus ganze Flächenbrände. Griechenland ist längst zahlungsunfähig und wird künstlich beatmet. Solange das Land am Tropf hängt, gibt es für Investoren kein Argument, dort aktiv zu werden. Das versteht jeder nur nicht die verantwortlichen Politakteure.

Jetzt weigert sich Spanien gegen Hilfen und bringt Euroland in neue Schwierigkeiten. Das abschreckende Beispiel Griechenland vor Augen will die spanische Regierung das Abgeben von Souveränität vermeiden. Daher wehrt sich die Regierung noch gegen Hilfen für die angeschlagenen Banken. Am Wochenende soll Deutschland Spanien gedrängt haben, unter den Rettungsschirm ESFS zu schlüpfen. Das Bankensystem ist arg gebeutelt und beinahe täglich gibt es neue Hiobsbotschaften. Die Weigerung ist kurzsichtig aber verständlich und zeigt die Schwäche der bisherigen Krisenpolitik, die Brände löscht, aber keine präventive Politik betreibt. Beim Konzept Zuckerbrot und Peitsche hat man den ersten Teil einfach vergessen.

Wer wirklich kurzfristig denkt und handelt

Politiker werfen Finanzmanagern und Anlegern gerne kurzfristiges Denken und Handeln vor. Merkel & Co. selbst planen aber nur von und für den nächsten Gipfel. Das verschärft die Probleme in Europa immer weiter und macht den totalen Crash oder die alternativ unausweichliche Transferunion immer wahrscheinlicher. Das könnte sich noch als eine Art Treppenwitz der Geschichte erweisen. Ich mache A, weil ich B verhindern will. Aber so wie ich bei A agiere, wird B immer wahrscheinlicher. Die Rede ist von Eurobonds. Oder in weiterer Perspektive eine Transferunion. Schön blöd.

Ob man will oder nicht: Eurobonds kommen

Der Markt wird sich nur beruhigen lassen, wenn es Deutschlands Regierung gelingt, seine Vorbehalte und sein Misstrauen gegen andere Regierende zu überwinden und das auch zu manifestieren. Im Fall von Griechenland waren die Verstöße in der Vergangenheit allerdings gravierend und nicht mal die eigene Bevölkerung traut den griechischen Politikern von heute. Warum sollten die Regierenden anderer Länder anders darüber denken?

Bei Spanien stellt sich die Situation völlig anders dar als in Griechenland und Italien ohne Berlusconi macht auch gewaltige Fortschritte. Das sollten die Partner endlich belohnen und den Ländern bei der Krisenbewältigung stärker helfen, statt sie zu drangsalieren und die Rezession zu verschärfen. Eurobonds sind in jedem Fall günstigere Instrumente als der Austritt eines größeren Landes aus dem Euro. Der Grexit – Austritt Griechenlands – ist inzwischen fast sicher und zwar egal wie die Griechen demnächst wählen.

Ansteckungsgefahren vermeiden

Die Politiker in Europa sollten jetzt vor allem darauf achten, dass Spanien und Italien sich nicht anstecken lassen und wieder günstige Refinanzierungen erhalten. Leider versagt die Krisenpolitik bisher unter deutscher Führung. Wer jetzt auf den Franzosen Hollande als Heilsbringer setzt, der könnte ebenfalls enttäuscht werden. Frankreich steht die langfristige Reform des eigenen Rentensystems bevor und das sollte der Präsident jetzt ankündigen. Sollte Hollande das verweigern, weil er lieber wie Oskar Lafontaine als Populist und Maulheld agiert, dann wird Euroland in einigen Jahren tatsächlich auseinander brechen. Auch das wäre eine Folge politischen Versagens, die jetzt schon absehbar ist.

Eurobonds, wie auch immer ausgestattet, sind das Zeichen für eine gemeinsame Politik und gemeinsames Einstehen. Politiker müssen dann aber statt wie bisher nur gemeinsames Handeln anzukündigen, tatsächlich eine stärkere Koordinierung der Politiken anstreben und zwar zügig. Eine Agenda sieht mindestens folgende Maßnahmen vor: Reform der Rentensysteme in Richtung späterem Renteneinstieg, glaubwürdige Haushaltskonsolidierung nach der Krise, das Bankensystem muss über Basel III hinaus kapitalisiert werden und Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen muss endlich ein gemeinsames EU-Schwerpunktziel werden.

Das sind allerdings eher Aufgaben für Filmhelden, die die Welt retten und nicht für komplett überforderte Politiker ohne Vision und Richtung.

Artikelbild: Filmplakat. Mission Impossible.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.