Thursday, Nov. 21, 2024

Fordern Sie eine ordentliche Rendite

Fordern Sie eine ordentliche Rendite

Scheinbar gesichertem Wissen zu widersprechen ist schwierig. Anleger sollten sich das Recht herausnehmen und es trotzdem tun, denn was bekannt klingt ist nicht uneingeschränkt richtig. Über niedrige Renditen und den Durchschnitt.

In Krisenzeiten und nach einem scharfen Abschwung an den Aktienmärkten sind immer ähnliche Reflexe zu beobachten: Die Anleger sollen auf Sicherheit setzen, mehr Kapital am Geldmarkt parken oder Bundesanleihen kaufen. Da man ohnehin als Anleger keine Chance hat, so die Logik der Durchschnittsvertreter, sollte man sein Geld breit streuen. Das klingt gut und richtig, ist aber Teil von Nebelkerzen und folgt den Interessen mancher Marktteilnehmer.

Aber der Reihe nach: Das Geldanlegen ist mit Risiken verbunden. Manchmal sind die Risiken beim Emittenten zu suchen, wie wir spätestens seit der Pleite von Lehman Brothers wissen. Manchmal sind die Konzepte für die Anleger schlecht verzinst, wie wir bei den meisten Steuersparmodellen sehen. Zudem wollen sich die Staatsvertreter möglichst günstige Refinanzierungsbedingungen sichern und argumentieren munter wie es ihnen gerade gefällt. Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden Banken, die ihre Staatspapiere breit gestreut haben und dabei auch einige Milliarden in Staatsanleihen von Griechenland für Minizinsen im Tresor hatten, als gnadenlose Zocker bezeichnet. Dahinter steckt System: Denn die Politiker wollen ihren Anteil an der Misere nicht einsehen. Es waren immer die anderen. In Wirklichkeit sind die Staatsschulden in vielen Länder zu hoch und  wenn Anleger jetzt einen faireren Zins verlangen, dann sind diese Anleger zu gierig.

Interessen beachten

Sie erkennen schon worauf ich hinaus will: Es gibt mächtige Interessenvertreter, die wollen das aktuelle System der Staatsfinanzierung erhalten und ihre teilweise abwegigen Meinungen durchsetzen. Beispiel Bundesanleihen: Für Staatsanleihen zahlte Deutschland im Januar 2012 preisbereinigt sogar negative Zinsen. Nimmt man die Besteuerung hinzu, dann machen Anleger mit dem Kauf von Staatspapieren aus Ländern wie Deutschland ein noch schlechteres Geschäft. In der zweiten Januarwoche verkaufte Deutschland sogar Finanzierungsschätze über pari. Der Staat muss also in einigen Monaten weniger zurückzahlen als er bekommen hat. Anscheinend gibt es Marktteilnehmer, die selbst solch einem Geschäft noch etwas abgewinnen können. Denn wo sonst bekommt man heutzutage schon sein Geld zurück – so die wenig überzeugende Logik. Dauerhaft sind solche Geschäfte natürlich nicht zu erwarten. Dennoch tun Staatsvertreter natürlich alles, um für den Staat günstige Refinanzierungsbedingen zu erhalten. Das ist in Ordnung, aber kein Anleger sollte Zweckargumenten zu viel Bedeutung zumessen. Richtig ist: Jedes Risiko sollte an einem fair gepreisten Markt entgolten werden. Eine interessante Formulierung verwendete jüngst ein Vermögensverwalter, der in Bezug auf Bundesanleihen von nicht verzinstem Risiko sprach.

Der Spot mit dem Anlageexperten Günther Schild ist zwar nett gemacht, er dient aber der bereits beschriebenen Vernebelung von Anlegern. Bundeswertpapiere sind insbesondere zurzeit gänzlich unattraktiv. Zumindest für Anleger, die sich noch in der Phase des Kapitalaufbaus befinden.

Durchschnitt – braucht Breite

So ähnlich funktioniert die Argumentation auch in einem anderen Zusammenhang: Die Durchschnittsbranche Finanzverwaltung hat insgesamt ein massives Interesse daran, Kapital in jede noch so fragwürdige Verwendung zu schieben. So wurden Hollywoodschauspieler von deutschen Fondsanlegern und via Steuervorteilen mit deutschen Steuergeldern gesponsert, oder es wurden Container auf Frachtschiffen von deutschen Anlegern finanziert. An solchen Investments kann nur jemand Interesse haben, der Anleger nicht für voll nimmt und ihm maximal ein durchschnittliche Rendite zukommen lassen will. Derweil verdient die Finanzbranche insgesamt über alle Kapitalanlagen etwa ein Prozent des bei ihr angelegten Kapitals. Bei gemanagten Aktienanlagen sind die Kosten höher und bei den schwieriger zu verwaltenden Anleihenportfolios sind die Kosten geringer. Solch hohe Verwaltungskosten sind absurd, wenn die Gegenleistung dann das Organisieren des Durchschnitts ist. Die Kosten sollten Anleger als ein klares Argument dafür verwenden, ihre Finanzen häufiger selbst zu organisieren. Oder nach Konzepten zu suchen, die eine relevante Leistung beiten – wie bei Alternative Investments beispielsweise. Niemand sollte sich zudem von den zahlreichen Interessenvertretern eine durchschnittliche Rendite aufschwatzen lassen. Gelegentlich wird diese Sichtweise sogar mit moralinen Argumenten unterfüttert: Wer mehr will, der ist gierig und ein übler Zocker.

Richtig ist: Das Ziel von Risikokapitalgebern muss es sein, eine Rendite zu erzielen, die nach Steuern deutlich über der Inflationsrate liegt. Zocker sind in dem Sinne diejenigen Anleger, die auf eine vernünftige Renditeerwartung verzichten und den schleichenden Geldwertverlust ignorieren.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.