Griechen wacht auf
Die Krise in Griechenland spitzt sich immer weiter zu. Die radikalen Kräfte im Land wollen mehr Spielraum und Wachstum. Das ist verständlich. Absurd ist: Sie wollen im Euro bleiben. Das ist zwar das erklärte Ziel der Politiker, aber auf diese Kaste sollte niemand hören. Das ging schonmal schief und hat uns den Schlamassel eingebrockt.
Man kann die Wut der einfachen Griechen verstehen. Das angebliche Geburtsland der Demokratie fährt seit einem Jahrzehnt einen Haushalt, der sogar strukturell defizitär ist. Selbst ohne Zinszahlungen macht das Land seit 2003 Minus . Das kann dauerhaft nicht funktionieren und ist keine Folge der seit 2010 kräftig steigenden Zinsen, sondern schlechter politischer Entscheidungen davor und mangelnder Aufsicht durch die Staatengemeinschaft.
Griechenland ist zudem ein Land ohne Geschäftsmodell im aktuellen Währungsregime. Die Situation haben demokratisch gewählte Regierungen dem Land eingebrockt. Hinzu kommen Korruption und Vetternwirtschaft auf Weltklasseniveau. Das aktuelle Fiako ist auch nicht die Schuld der Deutschen, die im Export erfolgreich sind. Während hierzulande die Arbeitnehmerein Jahrzent lang auf Lohnzuwächse verzichteten, um Arbeitsplätze zu schaffen, beruhigten in Griechenland die Mächtigen ihre Landsleute mit Illusionen. Diese sind vergleichbar mit der Illusion in der DDR, als man Arbeitsplätze ohne Zukunft erhielt und den Menschen ein scheinbar funktionierendes Geschäftsmodell vorgaukelte. Solche Konzepte scheitern. Immer. Die Frage ist nur wann.
Das Problem sind feste Wechselkurse
Zu Beginn des Jahrtausends wurden für einige Staaten die Wechselkurse gegeneinander endgültig festgezurrt. Der Euro entstand. Damals qualifizierte sich das Land zwar nur fast für die Gemeinschaftswährung, aber die politischen Argumente überwogen. Leider. Von der eigenen Mitschuld distanzieren sich heute viele Politiker, wie der vermutlich schwächste deutsche Finanzminister aller Zeiten, Hans Eichel. Die Entscheidung Griechenland aufzunehmen, war eine rein politische und ziemlich törichte Idee. Damals hätte man Skeptiker für immer mundtot machen können, wenn Griechenland seine Konsolidierungsbemühungen fortgesetzt und „echte“ Arbeit geschaffen hätte. Die griechischen Politiker haben lieber den Staatssektor bei 50 Prozent gehalten und Löhne und Gehälter schuldenfinanziert kräftig ansteigen lassen.
Inzwischen ist Griechenland nach allen ökonomischen Maßstäben nicht mehr wettbewerbsfähig. Würden heute die Wechselkurse zwischen den 17 Eurostaaten neu verhandelt, dann müsste das Land vermutlich um mehr als 50 Prozent abwerten. Das ist die bittere Wahrheit. Pech: Das Euroregime sieht keine Nachverhandlungen vor. Und diesem Faktum müssen sich die Politiker heute stellen. Auch die Stimmung und die Mentalität im Land sprechen kaum dafür, dass die Griechen diesen Wettbewerbsnachteil in den nächsten Jahrzehnten ausgleichen könnten. Da hilft es auch nicht, wenn man die Deutschen jetzt zum Sündenbock für die eigenen Fehler machen will.
Anleger werden auch den Rest ihrer Forderungen gegen Griechenland zu einem Großtel abschreiben müssen. Die 100 Milliarden Euro im Frühjahr diesen Jahres waren nur der Anfang. Den Rest tragen die anderen Staaten jetzt über die Zentralbankbilanzen durch einen jahrzentelangen Verzicht auf Gewinne. Auch dafür sollte sich Griechenland bedanken.
Was jetzt getan werden muss
Der Problemlösung entgegen steht der festgezurrte Wechselkurs des Landes. Auch das sollte manche Diskutanten mal zur Kenntnis nehmen. Im Jahr 2010 war es noch opportun, die Finanzmarktteilnehmer für die Turbulenzen im Euro zu kritisieren. Damals fiel die Gemeinschaftswährung in wenigen Tagen um etwa 20 Prozent. Angeblich waren die Wechselkurse und die Spekulation der Finanzmarktteilnehmer das Problem. In Wirklichkeit waren die Turbulenzen nur ein präzise informierter Vorbote. Auch kann nach mehreren Runden zur Stabilisierung kaum jemand bestreiten, dass die Griechen mit ihrem Staatswesen komplett überfordert sind und noch nicht einmal ein funktionierendes Einnahmesystem für Steuern organisiert haben.
Unabhängig von der aktuellen Misere des Sparkurses, muss das Land dauerhaft neu aufgestellt werden. In einer Talkshow brachte Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor der Uni Hohenheim die Zusammenhänge auf den Punkt: Man könne nicht den Spitzensteuersatz erhöhen, „damit die in Griechenland nicht Steuern zahlen müssen“. Er forderte einen Neustart für das Land und kritisierte die Eliten im Land. In der Tat sind die Anklagen der Regierenden von damals offenbar nicht gewünscht. Ein privater Anlagebetrüger wandert schon viel früher in den Knast. Zu Recht. Politiker nicht.
Die Drohkulissen
Manche wollen Griechenland nicht nur aus dem Euro drängen, wie die österreichische Finanzministerin Maria Fekter, welche die Griechen gleich aus der EU drängen will. Das ist der Gipfel der Sinnfreiheit, denn es gibt ausser juristischen Details keinen echten Zusammenhang für solch eine Idee. Noch-Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker kritisierte das scharf und sprach von Unsinn und Propaganda, um dann seinerseits wenig hilfreich nachzulegen, er habe „nicht einmal für eine Sekunde in Betracht gezogen, dass Griechenland den Euro verlässt.“.
Natürlich muss man den Griechen helfen. Aber jede Ernst gemeinte Hilfe beginnt mit dem Hinweis darauf, dass das Land nicht im Euro bleiben kann. Das Land steht ohnehin vor dramatischen inneren Zereißproben und dabei hilft eine dauerhafte Finanzierung des Landes kaum weiter. Könnten Touristen in Griechenland wieder mit einer stark abgewerteten Drachme bezahlen, dann könnten die Griechen wenigstens einen komparativen Vorteil des Landes wieder nutzen.
Bei aller berechtigter Kritik an Angela Merkel und ihrer Krisenpolitik: Die Griechen sollten ihre eigenen Politiker mal über deren Mitschuld an der aktuellen Misere befragen. Auch die Forderungen der dortigen Linken, die gerne dauerhaft am Tropf der anderen Länder hängen wollen, ist zu kurz gedacht und nicht im Sinne das griechischen Volkes. Es gibt auch keine Rechnungen, die den Euroaustritt Griechenlands zu einer Verhandlungswaffe machen, wie es einige griechische Politiker meinen. Aber viel wichtiger ist: Der Austritt aus dem Euro ist im ureigenen Interesse der Griechen.
Artikelbild: Eigener Fundus.