»Null Prozent ist noch zu viel«
Eine Betriebsrätin von Schlecker macht ihrem Ärger Luft. Das Errichten einer Transfergesellschaft ist an der FDP und ihrem Vorsitzenden Philipp Rösler gescheitert.
Rösler wird bald ebenfalls arbeitslos sein. Zu Recht, denn er ist ein zynischer Politiker ohne Gespür für das Richtige. Seine Kompetenz in Wirtschaftsfragen ist ohnehin fragwürdig. Dabei war es an ihm, seine Partei doch noch aus dem Tief zu führen. Er hat seine unverdiente Chance verpasst. Rösler konnte seiner Partei das Momentum retten. Er hat es nicht getan, denn er ist ein ökonomischer Dogmatiker ohne politischen Verstand. Statt zu blockieren musste Rösler sich an die Spitze einer Rettungsaktion für die Schlecker-Frauen setzen. Das Risiko für sein Ministerium hätte weniger als zehn Millionen Euro betragen und der Applaus wäre ihm medial zugefallen. Er der Arzt, der den hippokratischen Eid abgelegt hat, hatte die vermutlich letztmalige Chance, eine wirtschaftliche Ethik für seine Partei zu etablieren, statt eine fragwürdige Ordnungspolitik als Schutzschild für soziale Kälte heranzuziehen.
Als Vorbild dient ihm Theodor zu Guttenberg, der bezog einen Teil seiner medialen Popularität aus der Weigerung in der Krise, Opel retten zu wollen. Damals sprach die Kanzlerin ein Machtwort und Guttenberg trat 2009 nicht wie angekündigt zurück. Darauf schielte Philipp Rösler jetzt: Profil und Popularität durch Prinzipientreue zu erlangen. Dumm nur, dass diesmal die Kanzlerin nicht die Kastanien für ihn aus dem Feuer der liberalen Ordnungspolitiker entfernt hat.
Rösler ist genauso zynisch wie sein Vorgänger im Parteiamt. Guido Westerwelle bestand darauf, dass in Deutschland längst ein Mindestlohn existiere, gesichert durch das Recht, gegen sittenwidrige Löhne klagen zu können. Rösler argumentiert in der Logik ähnlich weltfremd. Was hat eine Schlecker-Frau von einem Job für den sie einen teuren Umzug bewerkstelligen muss. Mobilität ist auch immer eine finanzielle Frage und daher helfen Jobs in Bayern einer Verkäuferin in Norddeutschland kurzfristig nur wenig weiter. Die Aufgabe einer Transfergesellschaft war es nicht, die Jobs zu erhalten, sondern Ideen und Perspektiven für die Frauen zu entwickeln. Dümmlich war auch der Kommentar der Justizministerin, die Holzmann mit der Transfergesellschaft bei Schlecker in einen Topf warf. Genau darum ging es nicht.
Prinzipientreue ist prima, wenn man keine Vergangenheit hat: Als die Hypo Real Estate aufgrund von Management-Fehlern und Aufsichtsblindheit an die Wand gefahren war, erklärte FDP-Superstar Rainer Brüderle, die Bankeigner sollten enteignet werden. Auch „Finanzexperte Solms kam mit wenig intelligenten Beiträgen daher. Für die wertlosen Risiken der HRE zahlte der Bund den Altaktionären sogar noch mehr Geld, weil die FDP Stimmung im Land machte. Inzwischen sind alle Risiken der Bank haushaltswirksam und Milliardenkosten werden vom Steuerzahler gezahlt.
Sicher: Es gibt Argumente, die gegen das Instrument einer Transfergesellschaft sprechen. Eines der besseren Argumente lautet: Bei anderen, kleineren Unternehmen hilft auch niemand. Aber der Verzicht auf eine Transfergesellschaft hier gefährdet jetzt weitere Arbeitsplätze. 10.000 Verkäuferinnen erhielten die Kündigungen und müssen sich überlegen, ob sie gegen Schlecker klagen und damit die Überlebensfähigkeit vom Schlecker-Rest gefährden. Denn eine Gesellschaft mit anhängigen Klagen ist nicht ohne weiteres an den Investor zu bekommen. Der Preis dürfte sinken und die Chancen auch. Die Position der Liberalen ist in dem Fall also nicht nur politisch falsch, sondern auch ökonomisch fragwürdig.
Die Liberalen haben zuletzt gezeigt, dass sie nicht mehr lernfähig sind. Eine solche Partei, deren Politiker und ein zynisches Politikverständnis sind vollkommen nutzlos für die Gesellschaft. Die Betriebsrätin liegt daher richtig mit ihrer Bewertung: »Null Prozent ist noch zu viel.«