Respekt für Annette Schavans Rücktritt
Annette Schavan setzt ein Zeichen. Nach der Rückkehr von einer Reise bot sie der Kanzlerin ihren Rücktritt an. Angela Merkel nahm mit Bedauern an.
Im politischen Berlin gibt es kaum eine Vokabel, die derart inflationär in ähnlichen Situationen verwendet wird, wie der Begriff Respekt. Damit ist in diesem Zusammenhang die Wertschätzung für eine Person gemeint, die eine schwere Entscheidung getroffen hat.
Vergleiche
Ein Rücktritt ist nie einfach. Norbert Röttgen musste sogar aus dem Amt gejagt werden. Bei Karl Theodor zu Guttenberg hatte sich Annette Schavan noch fremdgeschämt und den Druck auf den Delinquenten erhöht. Sie selbst reagierte souverän und erntete dafür Respekt.
In der Sache sagt der Rücktritt der Bildungsministerin nichts aus. Sie schützt lediglich das Amt. Fakt ist bislang, dass eine große Mehrheit des zuständigen Gremiums der Universität Düsseldorf sich für eine Aberkennung des Doktortitels entschieden hat. Das ist ein starkes Zeichen, das auch Schavan wahrgenommen haben dürfte. Als Bildungsministerin war sie untragbar.
Soll Wissenschaftsbetrug verjähren?
In der Debatte um den Entzug des Doktortitels von Annette Schavan argumentieren einige Kommentatoren wie Heribert Prantl, ein Jurist, dass es eine Verjährung geben müsste. Denn außer Mord verjähren auch schwerwiegendere Straftaten.Schavan erhielt ihren Doktor vor dreißig Jahren.
Der Vergleich mit Verjährungsfristen im Strafrecht mag logisch erscheinen, aber es gibt auch den Fall Armstrong. Der ist als Dopingsünder erst jetzt durch den Entzug seiner Tour-De-France-Erfolge bestraft worden. Seit einigen Jahren werden die Blutproben von Olympioniken gelagert, um später mit besseren Kontrollmethoden nachzuschauen, ob beispielsweise das 100-Meter-Rennen von 2012 mit ehrlichen Athlethen bestückt war. Genauso könnte es die Wissenschaft handhaben. Klarheit darüber wäre aber nicht falsch.
Überzeugender Abgang
Annette Schavan mag juristisch um ihren Titel kämpfen, aber das ist für die Öffentlichkeit nach ihrem schnellen Rücktritt nur noch eine Fußnote. Schavan kann anders als Guttenberg erhobenen Hauptes gehen. Ihre wissenschaftlichen Vergehen waren vergleichsweise gering. KTZG spielte da in einer ganz anderen Liga. Natürlich. Die Bild-Zeitung will sogar ein Lächeln bei der zurückgetretenen Ministerin erspäht haben. Gut so.