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EU will Ratingagenturen stärker regulieren

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28. November 2012

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EU will Ratingagenturen stärker regulieren

Die Europäische Union will Ratingagenturen an die Leine legen. Diese sollen künftig Bewertungen nur noch zu festgelegten Zeiten verkünden dürfen. Ferner sollen die professionellen Bewerter für ihre Einschätzungen haftbar gemacht werden können.

Die EU-Länder und das EU-Parlament wollen Ratingagenturen in Europa strenger kontrollieren. Ziel der geplanten Regulierung soll es sein, Bonitätsprüfer für deren Notenvergabe stärker als bisher haftbar zu machen. Klagen sollen erleichtert werden und die Agenturen sollen mehr Transparenz schaffen.

Warum was reguliert werden soll

Während der Finanzkrise, aber auch in der europäischen Staatschuldkrise waren die drei Branchenführer Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch stark kritisiert worden. Beanstandet wurden bislang zweierlei Phänomene: Zum einen hatten die Bonitätsexperten toxischen Papieren zu hohe Bewertungen gegegeben. Diese hatten die Banken dann in ihre Depots gelegt und waren den Risikovorgaben der Aufsichtsbehörden dadurch nachgekommen. Zum anderen kamen Länder-Ratings häufig zu sehr ungünstigen Zeitpunkten heraus und die vereinbarten Maßnahmen der Länder wurden zusätzlich erschwert oder scheinbar konterkariert. Zukünftig soll die Veröffentlichung neuer Noten kalendermäßig festgelegt werden. Ratings sollen außerhalb der Handelszeiten auf einer europäischen Plattform erfolgen.

Trotz der erkennbaren Verschärfungen zeigten sich nicht alle Kritiker zufrieden. Die Regeln seien im Laufe der Verhandlungen aufgeweicht worden. Manche Kritiker wollten Ratings während Krisen aussetzen. Ein weiterer „Verbesserungsvorschlag“ war die vorgeschriebene Rotation von Ratingagenturen.

Wir meinen dazu

So einfach ist es sicher nicht, wie es sich die Politiker vorstellen. Anleihen von Staaten kommen in erster Linie nicht wegen Ratings unter Druck, sondern weil internationale Geldgeber aus unterschiedlichen und oft berechtigten Gründen Kapital abziehen. Diese sind aber nur bedingt auf die öffentlichen Einschätzungen der Ratingagenturen angewiesen, sondern beschäftigen eigene Researchabteilungen zur Bewertung von Wertpapieren.

Es hilft auch nicht, wenn Politiker Ratingagenturen beschimpfen, wenn das Urteil schlecht für sie und ihr Land ausfällt. Wir stellen uns mal vor, was nach 2002 los gewesen wäre, wenn die Ratingagenturen ihren Job bei Griechenland richtig gemacht hätten und Hellas-Papiere auf Ramschniveau gesetzt hätten. Dann wären die Anleihen zweifelsohne und richtigerweise für Griechenland teurer gewesen, vielleicht wäre das Land auch nie in der Eurozone gelandet, Aber: Sämtliche Regierungschefs in Europa hätten die Ratingagenturen als nutzlose Unternehmen, die keine Ahnung haben, beschimpft und politische Visionen beschworen.

Zudem müssen die Politiker in Europa mal die Frage beantworten, warum man mit den Basel-Abkommen ein System installiert hat, das eigene Meinungen zu Lasten von Ratingeinschätzungen zurückgedrängt hat, ja sogar ungewünscht erklärt hat. Durch diese Art der verordneten Risikoannahmen ergab sich in der Krise eine prozyklische Krisenverschärfung, da alle Banken gleichzeitig in Problemen stecken. Auf diese Frage ist eine Antwort dringender notwendig als von angeblich intransparenten Ratingurteilen zu schwadronieren. Das Regulierungsvorheben ist reiner Populismus, genauso wie die kürzlich gescheiterte Idee, Ratingagenturen mit öffentlichem Auftrag installieren zu wollen.

Artikelbild: Übersetzerin im EU-Parlament. Pressefoto.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.