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Die griechische Tragödie wird prolongiert

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27. November 2012

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Die griechische Tragödie wird prolongiert

Die Euro-Finanzminister trafen sich bereits zum zweiten Sondertreffen innerhalb einer Woche. Grund: Die Euro-Gruppe muss ein neues Griechenland-Paket verabschieden. Das kommt jetzt vermutlich. Der Streit geht aber weiter.

Griechenland steht vor einem weiteren verlorenen Jahr: Der Sommer spült angesichts des Fortbestands des Euro dort weiterhin noch weniger Hotelgäste nach Hellas.  Investitionen dürften sich auch nur ganz Mutige und Tollkühne wagen. Der Grund für die Prolongation der griechischen Tragödie ist der fehlende Mut der Regierenden in Europa. Vorneweg marschiert Deutschland mit den Mutlosen.

Die Ausgangslage

Griechenland benötigt Anfang Dezember insgesamt 44 Milliarden Euro an neuen Krediten. Einen Teil davon soll die EZB übernehmen. Mittelfristig sind insgesamt laut Troika etwa 32 Milliarden Euro zusätzlich zu finanzieren, die durch ein Aufschieben des bisherigen Finanzplans um zwei Jahre zusätzlich anfallen. Darüber ist man sich offenbar einig.

Die Situation ist verfahren: Die Gesamtverschuldung Griechenlands liegt 2013 voraussichtlich bei 188 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Angepeilt ist, dass die Schulden bis 2020 auf etwa 120 Prozent sinken. Diese Größenordnung gilt noch als schuldentragfähig.

Die Streitlinie

Für den Internationalen Währungsfonds (IWF) drohte zuletzt seine Chefin Christine Lagarde mit einem Ausstieg aus den Hilfen, falls den Griechen kein Schuldenerlass durch die anderen Eurostaaten gewährt wird. Diese Position teilte auch die EZB – zumindest bis Montag, inzwischen wurde man von den Politikern wieder eingefangen. »Zur Schließung der Finanzlücke brauchen wir ein Maßnahmenpaket, das unter anderen eine deutliche Senkung der Zinsen der Hilfskredite und einen Schuldenrückkauf durch Griechenland umfassen wird. Ein Schuldenschnitt gehört nicht dazu« sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen BILD.

Den Gegenspieler zu Lagarde gab letzte Woche Jean-Claude Juncker, der bei einer Pressekonferenz auf offener Bühne einen Konflikt mit der Französin austrug. Es geht ums Geld. Natürlich.

Die EU-Staaten zögerten bislang mit weiteren Hilfen und dem Schuldenschnitt, da die Verluste dadurch sofort sichtbar würden. Deutschland, das im nächsten Jahr Bundestagswahlen vor der Tür hat, zeigte sich nicht kompromissbereit beim Aussprechen der Wahrheit der griechischen Staatspleite und setzt lieber auf Verhandlungs-Tricks. Beobachter meldeten in der Vorwoche, dass Deutschland Griechenland bei den Zinsen entgegenkommen könne. Das hatte Wolfgang Schäuble bei den Treffen angedeutet wurde kolportiert, dieser Vorschlag wurde dann jedoch tagsdrauf wieder kassiert.

Europa ist in der Griechen-Frage heillos zerstritten. Der Luxemburger Ministerpräsident Jean-Claude Juncker wurde in der Vorwoche mit folgendem Satz zitiert: »Ich bin nicht desillusioniert, weil ich mir über Europa keine Illusionen mehr mache«.

Hilfe als Menü

Inzwischen gab es einen neuen Formel-Kompromiss: Die Euro-Länder dürfen Hellas helfen wie sie wollen. Dazu gibt es einen Katalog mit Hilfsmaßnahmen, der den Ländern À- la-carte Maßnahmen vorschlägt. Diskutiert wurden beispielsweise Zinssenkungen für Kredite, das Weiterreichen von Zinsgewinnen und ein Schuldenrückkaufprogramm. Dadurch soll die Durchsetzung der ungeliebten Hilfen in den Mitgliedsstaaten erleichtert werden. Hoffen die Finanzminister.

Deutschland könnte seine Garantien für den Rettungsfonds EFSF um bis zu 10 Milliarden Euro aufstocken hieß es am Rande der Beratungen. Mit dem Geld könnte Griechenland, so eine der umlaufenden Ideen, Anleihen von Privatanlegern zum aktuellen Kurs zurückkaufen, wodurch die Schuldenlast reduziert würde. Deutschland könnte weiter formal auf die Rückzahlung des Geldes hoffen kann. In Wirklichkeit verliert man noch mehr Geld, denn der Schuldenschnitt kommt so halt später und die Lasten tragen die Bürger in Europa. Das ist dann die direkte Folge des politischen Versagens in der EU.

EU-Regierende haften nicht wie Banker

Ein Banker, der unter den aktuellen Voraussetzungen von Griechenland einem Kunden noch weiter Geld leiht, um andere Schulden oder Zinsen zu zahlen, würde von seiner Bank wegen Untreue angeklagt und vor Gericht verurteilt. Verbraucherschützer würden schlimmste Sorgfaltspflichtverletzungen geltend machen. In Europa wird so etwas Journalisten als Erfolg bei der Krisenbekämpfung verkauft: Die Bank sind in dem Fall die europäischen Steuerzahler.

Artikelbild: Das Bild zeigt Jean-Claude Juncker und Christine Lagared. Foto AP – Süddeutsche.de (22.Juni 2012).

 

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.