Value oder Growth? – Sowohl als auch!
Die Auswahl von Aktien sollte nicht nach einem einfachen Schubladendenken Value oder Growth erfolgen. Anleger sollten auf beide Kriterien achten. Meint Sven Krause von der LBB Invest.
Value-Investoren beteiligen sich an Unternehmen mit günstigen Kennziffern und niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV). Dann warten sie ab, bis die Börsianer die Unterbewertung erkennen und der Kurs anzieht. Growth-Anhänger setzen hingegen auf Gesellschaften, die Umsatz und Gewinn kontinuierlich steigern.
Was ist besser? Value- oder Growth?
Welcher Anlagestil ist überlegen? – Das hängt von der jeweiligen Börsenphase ab. Nach dem Platzen der Technologieblase zur Jahrtausendwende kehrten die Börsianer Wachstumsaktien zunächst den Rücken. Jahrelang investierten sie vorzugsweise nach Value-Kriterien – achteten also auf günstige Bewertungen. Inzwischen hat jedoch ein Umdenken eingesetzt. Growth-Aktien erleben eine Renaissance. Führende Unternehmen des Segments entwickeln sich seit einiger Zeit besser als der breite Markt.
Diese Aufholjagd hat gute Gründe. Gesellschaften wie zum Beispiel IBM oder Microsoft zogen in den vergangenen Jahren erfolgreich ihre Bahn. Da viele Anleger das Wachstumssegment ignorierten, wurden die Top-Unternehmen mit den Jahren immer preiswerter. Zeitweise konnten sie zu einstelligen KGV´s eingesammelt werden.
Die Gretchenfrage des Anlagestils verwischt
Heute investieren sogar ausgewiesene Value-Investoren wie Warren Buffett in Zukunftsunternehmen wie IBM. Von einer Trennung der beiden Anlagestile lässt sich daher kaum noch sprechen. Zumal sich Growth- und Value-Ansätze nahezu ideal ergänzen. Denn das Segment der Wachstumsaktien beschränkt sich längst nicht mehr auf die Sektoren Technologie und Telekommunikation. Vielmehr avancierten klassische Value-Titel wie Nestlé zu regelrechten Wachstumsstars, weil sie ihre Präsenz in den Emerging Markets ausbauten. Value-Investoren achten daher sehr wohl darauf, ob ein Unternehmen überdurchschnittlich stark und auch profitabel wächst.
Doch auch Growth-Anleger haben dazugelernt. Sie zahlen nicht mehr jeden Preis alleine für eine tolle Börsenstory. Auch die Kennzahlen müssen stimmen. Viele Growth-Anhänger investieren daher nach dem „GARP“-Prinzip – sie suchen „Growth at a reasobale price“. GARP-Unternehmen wachsen im besten Falle nachhaltig, sind gleichzeitig aber fundamental attraktiv bewertet. Überdurchschnittlich preiswert können Growth-Aktien nach unserer Überzeugung genannt werden, wenn sie ein KGV von maximal 12 aufweisen und den Gewinn um mindestens 15 Prozent jährlich steigern. Diese Kriterien erfüllen zum Beispiel Apple, Google und Intel.
Wann passt der Stil zum Börsenumfeld?
Growth-Aktien entwickeln sich gewöhnlich überdurchschnittlich, wenn sich das allgemeine Wirtschaftswachstum abschwächt. In einer solchen Börsenphase befinden wir uns zurzeit. Wachstumsinvestments sollten daher in keinem Anlegerdepot fehlen. Speziell die führenden IT-Konzerne aus den USA verfügen über eine hervorragende Marktstellung. Im langfristigen Vergleich erscheinen sie zudem sehr preiswert. Das macht sie auch für Value-Investoren attraktiv.
Eine generelle Überlegenheit des Growth-Anlagestils wollen wir jedoch nicht unterstellen. Denn in bestimmten Börsenphasen spielen die klassischen Value-Unternehmen ihre Stärken aus. Erholt sich die Wirtschaft aus der Rezession und werden Investitionen nachgeholt, dürften Stahlwerke und Zementhersteller ihre Erträge am kräftigsten steigern. Entsprechend heftige Kurszuwächse bei den betreffenden Aktien sind die Folge.
Starke Gewinnschwankungen sind den meisten Investoren allerdings eher ein Gräuel. Sie bevorzugen Unternehmen mit nachhaltig positiver, kontinuierlicher Geschäftsentwicklung. Schließlich reagiert die Börse heftig, sobald eine Erfolgsserie überraschend abreißt. Anleger sollten daher grundsätzlich prüfen, wie viel Qualität hinter dem Zahlenwerk und der Story eines Unternehmens steckt.
Aufschluss hierüber gibt hier zunächst die Bilanz: Führende Unternehmen glänzen unter anderem mit überdurchschnittlichen Gewinnmargen, einer hohen Selbstfinanzierungskraft und niedrigen Bankschulden. Daneben sollten auch die „weichen“ Qualitätskriterien überzeugen. Hierzu zählen wir außerordentliche Geschäftsmodelle, eine starke Marke, hohe Markteintrittsbarrieren und die Präsenz in Wachstumsmärkten.
Fazit: Überzeugt ein Unternehmen sowohl unter Value- als auch unter Growth-Gesichtspunkten, stehen die Chancen für ein erfolgreiches Investment doppelt gut.[divider top=“0″]
Autor: Sven Krause leitet das Aktienfondsmanagement der LBB-INVEST und ist ausgebildeter Finanzanalyst (CFA). Er managt überwiegend wachstumsorientierte Fonds.
Link zu LBB Invest.
Artikelbild: Skyline Dubai. Eigener Fundus.