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Nachwehen der Finanzkrise: Morgan Stanley wegen Diskriminierung angeklagt

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18. Oktober 2012

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Nachwehen der Finanzkrise: Morgan Stanley wegen Diskriminierung angeklagt

Die American Civil Liberties Union (ACLU) wirft Morgan Stanley den gezielten Verkauf von riskanten, teuren Darlehen an afroamerikanische Kreditnehmer vor.

Als Musterfall dient Rubbie McCoy, die als Klägerin in einem Rechtsstreit gegen Morgan Stanley benannt wurde. Rubbie McCoy ist eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern in Detroit. Ihr Wunsch war es, Hausbesitzerin zu sein, um ihrer Familie ein sicheres Zuhause zu geben. „Mit einem Haus schien die Zukunft meiner Kinder gesichert“, sagte Frau McCoy. Daher kaufte sie ihr Haus. Aber Rubbie wurde das Opfer von einem Kreditgeber, der ihr ein Subprime-Darlehen gewährte.

Subprime

Subprime ist eine Bezeichnung für Ausleihungen an Menschen, die eigentlich keinen derart hohen Kredit erhalten dürften. Die hohen und natürlich (höheren) Zinsen nahmen die Banken dennoch gerne. In Berlin sagte kürzlkich der Ökonomie-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, dass die Schuld zwar auf beiden Seiten zu suchen sei, aber die Banken hatten sich immerhin als Experten für das Managen von Risiken ausgegeben.

McCoy tritt jetzt als Kläger im ACLU-Fall gegen Morgan Stanley an, welche verantwortlich für den Einsatz fragwürdiger Verkaufspraktiken und eine diskriminierende Kreditvergabe sein soll.

Die Klägerin hat wenig Hoffnung, ihr Haus in Detroit behalten zu können. Wie ihr geht es vielen Menchen in den Vereinigten Staaten. In der Klage, die am 15. Oktober 2012 von der ACLU eingereicht wurde, heißt es, dass Morgan Stanley schuldhaft für Kredite durch die New Century Financial Corporation ist. Die Investmentbank hatte Milliarden-Dollar-Beträge an New Century, einen spezialisierten und seit März 2007 bankrotten Subprime-Ausleiher weitergereicht.

Was damals passierte

Morgan Stanley verpackte die Kredite in Commercial Paper und verkaufte sie an Pensionsfonds und andere große Investoren weiter. Die Klägervertrer von Rubbie McCoy behaupten, die Bank sei in das Geschäft mit den Ausleihungen über das übliche Maß einer Investmentbank hinaus involviert gewesen. Hintergrund ist, dass man nur so die Bank in die juristische Verantwortung ziehen kann.

Ein weiterer Angriffspunkt ist der Mangel an angewandter Sorgfalt. Die Methoden und Prüfungen der Verkäufer seien unzureichend gewesen. So sei oft nicht einmal das Einkommen der Darlehensnehmer geprüft worden. Diese konnten die Zahlen ohne Belege einfach angeben. Die aktuelle Klage gegen Morgan Stanley ist nicht die erste Klagewelle. Zuvor waren Investoren- und US-Behörden gegen einige der größten US-Banken wegen ähnlicher Vergehen vorgegangen.

Das aktuelle Verfahren

Die ACLU zog im Fall McCoy vor ein Bundesgericht in New York und beantragte die Zulassung einer Gemeinschaftsklage, da die Bank gegen US-Gesetze verstoßen habe. Dabei beruft sich die ACLU auf den „Fair Housing Act“ und den „Equal Credit Opportunity Act“, die diskriminierende Methoden von Finanzinstituten im Blick haben. Von 6000 Fällen ist die Rede.

Hintergrund: Rubbie McCoy soll laut Klage 2006 einen Kredit von New Century mit einer Rate ab 12,14 Prozent gehabt haben, der Zins konnte jedoch nicht unter 10,75 Prozent fallen. Ferner wurden „überhöhte Gebühren und Kosten“ eingefordert. Morgan Stanley weigerte sich bislang den Fall zu kommentieren.

Andere Verfahren

Eine Woche zuvor war eine Klage gegen eine andere Bank eingegangen. Die Staatsanwälte in New York verklagten Wells Fargo, die größte US-Hypothekenbank, wegen „unverantwortlicher“ Darlehensvergabe für mehr als ein Jahrzehnt. Zur Erinnerung: Die Bank war mit 25 Milliarden US-Dollar vom Staat gerettet worden.

Auch andere Gesellschaften wurden Anfang des Jahres von einer Task Force des Justizministeriums angeklagt. Morgan Stanley jedenfalls war bereits 2010 vom Staatsanwalt von Massachusetts für seine Verpackung von New-Century-Hypothekendarlehen angeklagt worden. Im Juni 2010 einigte sich die Bank 102 Millionen Dollar zu zahlen, um eine weitere Untersuchung zu beenden. Jetzt wehren sich auch die eigentlichen Opfer.

Über die ACLU

Die ACLU ist eine Organisation, die sich seit 1920 für die Stärkung der Freiheitsrechte und Diskriminierter in den USA einsetzt. Die ACLU hat 500 000 Unterstützer und beschäftigt rund 200 Anwälte. Durch ihre professionelle Herangehensweise und den Einsatz von Videos dürfte die öffentliche Mobilmachung einfacher gelingen als für Einzelne. Die ACLU sieht in dem Fall ein Aufbegehren von Main Street gegen Wall Street. Der Fall soll als Musterfall dienen. Es geht dabei auch um die Frage, wer die Kosten der Krise in den Vereinigten Staaten zahlt.

Link zur ACLU.

Eine Case-Study zum Thema Diskriminierung bei Subprime-Krediten.

Artikelbild: Foto aus ACLU-Report.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.