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Was misst man eigentlich Arbeitslosigkeit?

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25. September 2012

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Was misst man eigentlich Arbeitslosigkeit?

Arbeitslosigkeit ist Definitionsache. Für Betroffenen fühlen sich die verschiedenen Arten der Arbeitslosigkeit gleich an. Aber für politische Gegenmaßnahmen sind glasklare Definitionen und Unterscheidungen nötig.

Grundsätzlich gilt: Arbeitslosigkeit ist in Deutschland, was der Gesetzgeber als Arbeitslosigkeit definiert. Beispielsweise ist nur arbeitslos, wer dem Arbeitsmarkt seine Betätigung auch anbietet. Wer in Maßnahmen zur Qualifikation steckt, der ist nicht arbeitslos im Sinne dieser Definition. Wer als Frührentner mit 57 Jahren freiwillig aus dem Arbeitsmarkt aussteigt, der taucht nicht in der Arbeitslosenstatistik auf.

Erwerbslosigkeit und Arbeitslosigkeit

Grundsätzlich gibt es zwei konkurrierende Begriffe, die von Statistikern unterschiedlich verwendet werden, die aber nicht deckungsgleich sind. Als arbeitslos gilt, wer bei der Arbeitsagentur als arbeitslos registriert ist. Hinter dem Begriff Erwerbslosigkeit steckt eine andere Abgrenzug, diese wird von der International Labor Organization (ILO) verwendet.

Das Erwerbsstatuskonzept der ILO verwendet für jeden einen von drei überschneidungsfreien Status-Zustände: Erwerbstätig ist demnach, wer in dem betrachteten Zeitraum einer bezahlten Arbeit nachgegangen ist – unabhängig vom zeitlichen und finanziellen Umfang. Erwerbslos ist, wer nicht erwerbstätig ist, jedoch aktiv nach einer Erwerbstätigkeit sucht und eine solche im Erfolgsfall kurzfristig aufnehmen könnte. Wer keine der beiden Definitionen erfüllt, ist eine Nichterwerbsperson.

Für Betroffene mögen die Unterscheidungen zur Arbeitslosendefinition irrelevant erscheinen, für die volkswirtschaftliche Beurteilung der Situation sind sie jedoch wichtig. Zunächst die Statistik laut Statistischem Bundesamt (Destatis) – siehe Tabelle. Der Unterschied zwischen Erwerbslosen- und Arbeitslosenzahlen lässt sich vor allem durch Frührentenregelungen erklären. Die magische Grenze liegt zurzeit bei 3-Millionen Arbeitslosen. Ein weitere Rolle spielen bei Unterscheidungen – gerade im internationalen Vergleich – auch die unterschiedlichen Altersgruppen. Die ILO definiert die Grundgesamtheit als Personen zwischen 15 und 64 Jahren.

Die Zahl der registrierten Arbeitslosen hingegen beruht auf dem sozialrechtlichen Status. Die Definition von Arbeitslosigkeit ist im Sozialgesetzbuch (SGB III) legal konkretisiert. Neben der Meldung bei einer Agentur für Arbeit oder einem kommunalen Träger erfordert die Erfassung als Arbeitsloser, dass eine Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden gesucht wird.

Formen der Arbeitslosigkeit

Arbeitsmarktforscher unterscheiden zwischen Langzeitarbeitslosigkeit und Sucharbeitslosigkeit. Logischerweise muss die Erstere aktiv bekämpft werden und die Sucharbeitslosigkeit, womit die Übergangszeit zweier Jobs gemeint ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Am Alter der Suchenden kann zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Arbeitslosigkeit älterer Beschäftigter unterschieden werden. Genauso weisen die offiziellen Statistiken weibliche und männliche Arbeitslose aus. Auch das hat Gründe, die beispielsweise in der typischen Berufswahl zu suchen sind.

Anhand der volkswirtschaftlichen Ursachen kann man konjunkturelle und strukturelle Arbeitslosigkeit unterscheiden. Die konjunkturelle Arbeitslosigkeit hängt mit dem Zyklus in der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Anders ist das bei der strukturellen Arbeitslosigkeit einzuschätzen. Diese ist durch falsche Weichenstellungen verursacht. So sagen zumindest Wissenschaftler. Ein zu starker Kündigungsschutz, wie er in Italien gilt, verhindert Anpassungsprozesse und führt zu Einstellungsstopps in Unternehmen.

Überschneidungen der genannten Formen sind immer möglich. Entscheidend ist, dass die wirtschaftspolitischen Akteure für die unterschiedlichen Arten der Arbeitslosigkeit geeignete Maßnahmen vorschlagen. Das größte arbeitspolitische Experiment ergriff hierzulande die Hartz-Expertengruppe. Kaum jemand wird sich an die „Ich-AGs“ erinnern, Job Floater oder das Bridge System erinnern. Das waren sämtlich vorgschlagene Maßnahmen, die unterschiedliche Wirkungen erzielten. Ich-AGs waren der meist nutzlose Versuch, Arbeitslose zum Ergreifen einer Selbstständigen-Karriere umzuerziehen. Das Bridge System war eine Vorruhestandsregelung und unter einem Job Floater versteht man eine Subvention für das Schaffen von Arbeitsplätzen.

Wie sich die Arbeitslosenquote entwickelt

Sozialpolitik aktuell. Uni Duisburg Essen

Die Arbeitslosenquote ist das Verhältnis von Arbeitslosenzahlen zu Arbeitnehmern. Bei allen Veränderungen statistischer Natur im Zuge der Hartz-Reformen: Im August 2005 lag die Arbeitslosenquote in Deutschland noch bei 10,5 Prozent und fällt seither. Erkennbar ist der Trend auch bei den neu geschaffenen sozialversicherungspflichtigen Stellen bis Mitte 2011 positiv. Allerdings zeigen die aktuellen Arbeitslosenzahlen eine konjunkturelle Abnahme der Dynamik beim Arbeitsplatzaufbau. Vergleich: 2011 waren im August 2012 40 000 weniger Menschen arbeitslos. Zu hoffen ist, dass die Krise keine anstehende Trendumkehr, sondern nur ein Trendabschwächung verursacht.

Artikelbild: Bundesagentur für Arbeit (BA).
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.