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Sigmar Gabriel riskiert Bundestagswahl mit Euro-Populismus

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6. August 2012

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SPD-Chef Sigmar Gabriel will einen Strategiewechsel in der deutschen Euro-Politik. Der Chef-Sozi stellt sich eine gemeinschaftliche Haftung für die Schulden aller Euro-Staaten bei strenger Haushaltskontrolle vor. Naiv.

Auf internationalen Konferenzen wäre Gabriel ein äußerst beliebter Gesprächspartner. Deutsche Steuerzahler haften nach Gabriels Vorstellung für Griechen, Spanier und Iren. Diese Position ist dem politischen Wunschdenken geschuldet. Eine gute Lösung für Deutschland ist langfristig so nicht zu erwarten. Denn warum sollte man Franzosen erlauben mit 60 Jahren in Rente zu gehen, während Deutsche künftig bis 67 arbeiten müssen. Falls dieses Experiment den französischen Staat später überfordert, zahlt Deutschland mit. Das ist nur ein Beispiel für eine falsche Weichenstellung in einem Nachbarland.

Politiker wie Gabriel glauben an die Kraft politischer Beschlüsse. Das ist romantisch und insofern liebenswert, aber auch politisch grenzenlos naiv.

Das Sparen ist nicht die beliebteste Tugend von Politikern. Lieber gehen diese mit dem Füllhorn zur nächsten Wahlentscheidung. Das ist hierzulande noch weniger der Fall als in manchen Südländern. In Griechenland und Sizilien werden Wahlversprechen für Anhänger gerne in unkündbare Jobs umgewandelt. So schuf die sizilianische Regierung gegen den Trend 30 Prozent neue Jobs. Inzwischen ist die Region praktisch Bankrott und Monti fordert den Rücktritt des Regionalchefs. Denn zahlen soll die Regierung in Rom. Genau so wird es in Europa laufen, wenn die Abhängigkeiten erstmal geschaffen sind.

Denn natürlich – das verschweigt Sigmar Gabriel bei seinem populistischen Vorschlag – würden Politiker sich in guten Zeiten gegen die Abgabe von nationalen Souveränitätsrechten wehren. Aber eines hat die Krise auch gezeigt: Nicht jede Regierung hält sich an Absprachen und manchmal kommen sogar nächtliche Pokerrunden um Euro-Milliarden zustande. Im nächsten Aufschwung lässt der Veränderungsdruck wieder nach. Garantiert und dann summieren sich in Europa wieder die Geschenke auf Kosten anderer.

Oder: Was macht man mit einem Wahlergebnis, das einen Politclown wie Berlusconi oder einen ähnlichen Taschenspieler in einem Euroland an die Macht spühlt? Solche Politiker schaffen es binnen Wochen Kapital in die eigenen Kanäle zu spülen. Denn darum geht es vielen in der Politik, zumindest in Griechenland und bis zu Monti auch in Italien.

Richtig ist an Gabriels Vorschlag, dass man eine gemeinsame Lösung für die aktuelle Probleme benötigt. Richtig ist sicherlich auch die Ausgabe von gemeinsamen Bonds bis zu einem bestimmten Niveau, das kann einigen Ländern Enlastung bringen, ohne die Anreize für sparsames Wirtschaften zu verzerren. Aber: Diese Krise in Europa hat gezeigt, dass politische Lösungen nicht einfach zu bewerkstelligen sind und Politiker sich oft nur als Trickser und Jongleure mit Milliardensummen ohne Aufsicht verstehen.

Der aktuelle Vorstoß ist sicherlich dem Sommerloch und der Babypause von Sigmar Gabriel (Glückwunsch!) geschuldet. Sein jüngster Vorschlag bedarf zudem einer Grundgesetzänderung. Sicher ist: Machen Gabriel und die Stones die Bundestagswahl zur Abstimmung über eine gemeinsame Haftung für andere Länder, dann wird es im Jahr 2013 keine Beteiligung der Sozialdemokraten an der Bundesregierung geben. Wäre doch schade.

Artikelbild: SPD. Foto.
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Tacheles

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