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Schweizer Franken: Der ultimative 1,20-Test

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6. April 2012

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Schweizer Franken: Der ultimative 1,20-Test

2011 hatte die Schweizer Nationalbank (SNB) die Luft aus den Wechselkursen des Franken zum Euro gelassen. Die Ankündigung, die eigene Währung schwächen zu wollen, hatte zahlreiche Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischt. Jetzt müssen die Schweizer beweisen, ob sie mehr als Maulhelden sind.

Es wird spannend an der Währungsfront. Bislang wollte sich niemand mit den Notenbank anlegen. Aber in den letzten Tagen geriet der Euro erneut unter Druck und in Kürze dürfte es zu einem erneuten – dem ultimativen – Test der 1,20 Franken je Euro kommen. Zwar kann eine Notenbank theoretisch unendlich viele Devisen kaufen und zwar durch Ausgabe eigener Währung, aber die relativ kleine Schweizer Notenbank in Bern könnte dann in einen Interessenkonflikt mit ihren Gewinnzielen geraten. Denn wenn es schlecht für die Notenbanker läuft, absorbiert man in Kürze Hunderte von Milliarden an Euro und anderen Devisen. Gelingt es dann nicht die Märkte vom eigenen Mut zu überzeugen, dann kann die Notenbank schnell Milliardenverluste anhäufen, wie im Jahr 2010. Seinerzeit hatte die Bank einen Verlust von 19,2 Milliarden Franken erlitten, als die Bank versuchte den Franken zu schwächen.

Der Chart vom Gründonnerstag zeigt den ersten ernsthaften Test der Marke nach der Drohmitteilung im Frühherbst 2011. Der Kurs prallte genau bei 1,20 Franken ab, aber das dürfte nicht der letzte Versuch der Marktteilnehmer gewesen sein, das „unterste“ Limit zu verteidigen. Schweizer Unternehmen litten unter dem starken Franken und die SNB griff ein, um Arbeitslosigkeit im Inland zu bekämpfen. Die Strategie könnte jetzt teuer werden.

In ihrer Lagebeurteilung Mitte März teilte die SNB noch mit: »Die Schweizerische Nationalbank wird den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro weiterhin mit aller Konsequenz durchsetzen. Sie ist bereit, dazu unbeschränkt Devisen zu kaufen. Auch beim heutigen Kurs bleibt der Franken hoch bewertet.
Auf absehbare Zeit gibt es in der Schweiz keine Inflationsrisiken. Die Inflationsprognose ist gegenüber Dezember sogar noch tiefer ausgefallen. Sollte die globale Konjunktur sich schlechter als vorhergesehen entwickeln oder der Franken sich nicht wie erwartet weiter abschwächen, könnten erneut Abwärtsrisiken für die Preisstabilität auftreten. Falls die Wirtschaftsaussichten und Deflationsgefahren es erfordern, steht die Nationalbank bereit, jederzeit weitere Massnahmen zu ergreifen.«

Die drei Schweizer Musketiere

Vorstand der SNB

Die Strategie der drei Musketiere der SNB ist nicht ungefährlich. Denn eine einseitige Festlegung des Wechselkurses bei nur einem Währungspaar bietet offene Flanken und kann das Weltwährungsgefüge an anderer Stelle belasten. Eine Attacke auf den Wechselkurs zum Euro könnte auch in anderen Währungspaaren autreten und dann wird man sehen, ob die Notenbanker nur Maulhelden sind wie d’Artagnon zu Beginn des Literaturklassikers von Alexandre Dumas, oder ob sie wie Athos, Porthos und Aramis ausreichend wehrfähig sind.

Kauft die SNB Devisen an und diese fallen im Wert im Vergleich zur eidgenössischen Währung, dann muss die Notenbank diese Verluste am Ende des Jahres in ihrer Bilanz ausweisen. Wie beim Bundesbankgewinn gibt es Ausschüttungen, die dann dauerhaft verloren gehen könnten. Der Franken dürfte politisch in Frage gestellt werden. Mit der Folge, dass der Euro schneller einen neuen Partner bekommt, als wir uns momentan vorstellen können. Es wird spannend.

Artikelbild: Pressefoto SNB-Gebäude.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.