„Rettungsroutine“ Wort des Jahres 2012
Rettungsroutine wurde als Wort des Jahres prämiert von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS).
Die Shortlist der Wörter des Jahres 2012 bestand aus folgenden Kreationen (geordnet in der Reihenfolge beim Wettbwerb 2012): Rettungsroutine, Kanzlerpräsidentin, Bildungsabwendungsprämie, Schlecker-Frauen, wulffen, Netzhetze, Gottesteilchen, Punk-Gebet, Fluch-Hafen, ziemlich beste…
Die Wörter des Jahres 2012 wurden am 14. Dezember 2012 von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) bekannt gegeben. Wie in den vergangenen Jahren wählte die Jury aus diesmal rund 2200 Belegen jene zehn Wörter und Wendungen, die den öffentlichen Diskurs des Jahres wesentlich geprägt und das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich in besonderer Weise begleitet haben. So die GfdS.
Nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern seine Signifikanz bzw. Popularität stehen bei der Wahl im Vordergrund: Auf diese Weise stellen die Wörter eine sprachliche Jahreschronik dar, seien dabei jedoch mit keinerlei Wertung oder Empfehlung verbunden.
Der Sieger
Wort des Jahres 2012 ist „Rettungsroutine“. Begründung: „Dieses Wort spiegelt nicht nur das schon seit einigen Jahren dauerhaft aktuelle Thema der instabilen europäischen Wirtschaftslage wider, sondern beschreibt zudem die zahlreichen und wiederkehrenden Maßnahmen, die bisher zur Stabilisierung unternommen wurden. Sprachlich interessant ist die widersprüchliche Bedeutung der beiden Wortbestandteile: Während eine Rettung im eigentlichen Sinn eine akute, initiative, aber abgeschlossene Handlung darstellt, beinhaltet Routine – als Lehnwort aus dem Französischen – eine wiederkehrende, wenn nicht gar auf Dauer angelegte und auf Erfahrungen basierende Entwicklung.“
Die Plätze
Auf Platz 2 landete Angela Merkel als „Kanzlerpräsidentin“. Hier zeigt sich auf sprachlicher Ebene ein insofern bemerkenswertes Phänomen, als das Hauptwort dieses Kompositums Präsidentin ist, obgleich Merkel eigentlich Kanzlerin ist. Es stehen sich zwei gleichwertige Wortbestandteile gegenüber, deren Kopf sich nicht eindeutig bestimmen zu lassen scheint, wodurch eine Deutung offen bleibt. So legt die deutsche Bundeskanzlerin ab und an auch die neutralen und zurückhaltenden Eigenschaften eines deutschen Bundespräsidenten an den Tag.
Als gelungener Kampfbegriff der Gegner des Betreuungsgelds belegt die „Bildungsabwendungsprämie“ Platz 3 der Liste. Das ganze Jahr über in der Diskussion erhitzte sie nicht nur die Gemüter der Parteien.
Dem Mut der „Schlecker-Frauen“ will die Jury auf Platz 4 sprachlich ein Denkmal setzen: Kontinuierlich berichteten die Medien über ihr Schicksal und die Ungewissheit darüber, was nach der Insolvenz der Drogeriekette mit ihnen geschehen würde.
Wieder hat ein Politiker es geschafft, durch seine Handlungen bzw. Nichthandlungen ein neues Verb zu prägen, das gleich mehrere Bedeutungen vereint. So steht „wulffen“ auf Platz 5 nicht nur für das Hinterlassen wütender Nachrichten auf einem Anrufbeantworter, nicht nur für illegitime Vorteilsnahme, sondern auch dafür, mit der Wahrheit nicht im Ganzen, sondern »scheibchenweise« nach und nach herauszurücken.
Als deutsche Entsprechung zum in diesem Jahr viel gehörten und verübten intermedialen Shitstorm – und durch ihre partielle Reduplikation sowie die Kakophonie die negative Bedeutung hervorhebend – wurde die „Netzhetze“ auf Platz 6 gewählt.
Dem in diesem Jahr erstmals nachgewiesenen „Gottesteilchen“ wird auf Rang 7 Ehre zuteil. War seine Existenz jahrzehntelang angenommen worden, gelang dem CERN erst in diesem Jahr mit dem Nachweis des Higgs-Bosons bzw. Higgs-Teilchens ein immenser wissenschaftlicher Durchbruch. Seinen populären, wissenschaftlich nicht verwendeten Namen erhielt das Gottesteilchen nach einem Buch, dessen ursprünglicher Titel »Das gottverdammte Teilchen« der Zensur zum Opfer fiel.
Die ganze Welt verfolgte das Schicksal der Punkband Pussy Riot, die für ihr „Punk-Gebet“ – auf Platz 8 unserer Liste – nach einem öffentlichen Schauprozess hart bestraft wurde. Mit ihrer Inszenierung in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale hatten die Künstlerinnen sich vor allem gegen den russischen Präsidenten gerichtet.
Verflucht scheint das Projekt des Berliner Großflughafens Willy Brandt: Aufgrund von baulich bedingten Sicherheitsmängeln wurde die für dieses Jahr geplante Eröffnung mehrfach verschoben, die Kosten stiegen in die Höhe. All dies brachte dem Airport auf Platz 9 die Bezeichnung „Fluch-Hafen“ ein.
Abschließend wählte die Jury die Phrase „ziemlich beste …“ auf Position 10. Nach dem Erfolg des Films »Ziemlich beste Freunde« zu Beginn des Jahres war diese Floskel in aller Munde und weist gleichzeitig durch die Relativierung eines Superlativs eine sprachliche Besonderheit auf.
Kommentar
Es ist wie fast in jedem Jahr. Manche der Begriffe lesen wir ehrlicherweise zum ersten Mal in der Pressemeldung der GfdS. Oder wir lesen einfach die falschen Rubriken in den Tageszeitungen. Aber vielleicht warten wir einfach auf das Unwort des Jahres. Das wird am 15. Januar 2013 gekürt.