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Guido Sandler von BERGFÜRST: Wir fördern den Mittelstand

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13. Oktober 2012

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Guido Sandler von BERGFÜRST: Wir fördern den Mittelstand

In Deutschland können bald Aktien von Gründerunternehmen gehandelt werden. Die Marktplattform BERGFÜRST startet im Herbst 2012. Es fehlt nur noch die BaFin-Lizenz.

Das Berliner Unternehmen BERGFÜRST gibt durch das Prinzip des “Crowdinvesting” einer großen Zahl von privaten Investoren (crowd) erstmals die Chance, als Aktionäre vom dynamischen Wachstum innovativer Unternehmen in einer frühen Phase zu profitieren. Das Unternehmen startet seinen Geschäftsbetrieb im Herbst 2012. Im Gespräch erläutert Guido Sandler, CEO von Bergfürst, die Notwendigkeit von Eigenkapitalfinanzierungen für den Mittelstand, die Vorteile von Social Marketing und das Konzept seines Unternehmens.

Link zum Unternehmen.

Crowdfunding und Crowdinvesting sind noch recht unbekannte Finanzierungsformen, was ist der Unterschied?

Crowdfunding ist mehr der kulturelle, gemeinnützige Teil. Bei Crowdinvesting geht es um Unternehmensfinanzierung. Wir sind im Bereich Crowdinvesting tätig.

In Deutschland gibt es verschiedene Plattformen, die Beteiligungsmodelle anbieten. Wie sehen diese Beteiligungen aus?

Höchst unterschiedlich. Die meisten Plattformen vermitteln Fremdkapital. Ein weiterer Unterschied betrifft die Beaufsichtigung: Man fällt unter Bagatellgrenzen, wenn man nur Fremdkapital vermittelt und einen Betrag von 100 000 Euro nicht überschreitet. Die Vermittlung von Finanzbeteiligungen ist in Deutschland zum Glück reguliert. Wir werden daher von der BaFin reguliert sein und setzen ausschließlich auf die Finanzierung mit Aktien.

Warum setzen Sie ausschließlich auf Eigenkapitalfinanzierungen?

Wir haben in Deutschland bei der Unternehmensfinanzierung eine Fremdkapitalkultur. Gleichzeitig ist bei Banken das Interesse zur Eigenkapitalfinanzierung für Unternehmen mit einem Wert unter 25 Millionen recht gering ausgeprägt. Das führt zu einer Lücke bei den Eigenkapitalfinanzierungen. Übrigens auch aus Anlegersicht sitzt man bei Fremdkapitalanlagen nur im Beifahrersitz. Fremdkapital ist oft aus Sicht des Unternehmens, aber auch aus der Perspektive eines Anlegers nicht das richtige Produkt. Die falsche Finanzierung behindert letztlich das Wachstum von Unternehmen.

Für Sie steht der realwirtschaftliche Aspekt im Vordergrund?

Genau. Wir fördern den Mittelstand, indem wir Eigenkapital einsammeln. Nur so entstehen dauerhaft neue Arbeitsplätze.

Was Bergfürst macht und welche Leistungen es bietet

Lassen Sie uns konkreter werden. Welche Leistungen bietet Bergfürst?

Unsere Kernaufgaben sind zunächst Emissionen und Platzierungen für Emittenten. Nach einem Bookbuilding, also der Preisfindung, und der Platzierung betreiben wir bei Bergfürst den Handel mit vinkulierten Namensaktien auf einer elektronischen Handelsplattform. Schließlich decken wir über unsere Plattform die Kommunikation zwischen Emittent und Investor dauerhaft ab.

Wie funktioniert das Bookbuilding? Wie ermitteln sie bei einer Platzierung den Preis für Aktien?

Wir erlauben den Investoren während der dafür vorgesehenen Frist Zeichnungen abzugeben. Juristisch formuliert handelt es sich dabei um ein Angebot und das kann jederzeit geändert werden. Während der Bookbuilding-Phase können die Investoren ihre Preis- und Mengenangebote also anpassen. Der Interessent kann auch seinen Auftrag komplett streichen. Wenn wir die Zeichnung allerdings schließen, dann wird es verbindlich. Wir schauen dann, wie groß ist die Nachfrage zu welchem Preis. Das Hauptinteresse des Emittenten ist eine möglichst große Verbreitung. Daher werden wir bei deutlichen Überzeichnungen die Aktien ratierlich zuteilen, damit wir möglichst viele Investoren gewinnen können.

Wie schätzen Sie den Markt für direkte Beteiligungen ein?

Historisch betrachtet gab es wohl noch nie so viel Geld und Vermögen in Deutschland. Die notwendige Risikobereitschaft für eine Eigenkapitalbeteiligung ist ebenfalls vorhanden. Ein anderer Aspekt scheint mir noch wichtig zu sein: Es gibt Beteiligungsgesellschaften, aber Privatanleger können an dem Geschäft oft gar nicht teilnehmen.

Ab welcher Summe kann ein Anleger sich über die Bergfürst-Plattform beteiligen?

Ab 250 Euro. Bezogen auf einzelne Aktien kennen wir die Preise natürlich noch nicht, ich vermute, dass diese zu Beginn zwischen zehn und 20 Euro liegen werden.

Wie kommen Sie an neue Emittenten?

Nach den ersten Erfahrungen gibt es zwei unterschiedliche Wege. Wir sind natürlich unterwegs und schreiben auch mögliche Kandidatenunternehmen an, aber inzwischen ist es so, dass wir mit der steigenden Bekanntheit in der Gründerszene jeden Tag Anfragen erhalten. Das sind Unternehmen, die Interesse haben. Diese schauen wir uns dann genau an und prüfen eine Zusammenarbeit.

Welche Unternehmen können Anleger auf der Plattform erwarten?

In der ersten Phase dürften Unternehmen die Plattform nutzen, die in der Phase der Markterschließung und Marktdurchdringung sind und die bereits die Funktionstüchtigkeit ihres Geschäftsmodells bewiesen haben. Es handelt sich vermutlich um Unternehmen mit einer Bewertung von zehn bis 20 Millionen Euro, welche diese Kapitalmaßnahme zur Finanzierung des weiteren Wachstums durchführen.

Bergfürst aus Anlegersicht

Kann man Bergfürst mit einer Börse vergleichen?

Wir sehen uns als ein vorbörsliches Segment. Wir peilen in der Anfangsphase Emissionsvolumina in der Größenordnung von zwei bis fünf Millionen Euro je Unternehmen an. Das sind Größenordnungen, die Banken nicht so richtig interessieren.

Wie unterscheidet sich das Bergfürst-Konzept von bekannten Börsen?

Formulieren wir es so: Eine Aktie ist wie ein Geldschein. Wer ihn hat, der hat ihn. Das ist auch ein Problem, denn durch die Depotverwahrung der Banken kennen Unternehmen ihre Aktionäre nicht mehr. Bei der vinkulierten Namenaktie ist das anders. Eine rechtswirksame Übertragung erfordert zwingend, dass Namen und Anschrift der Aktionäre der Gesellschaft bekannt gegeben werden. Es geht darum, dass die Gesellschaft immer weiß, wer die Aktionäre sind. Mit den technischen Möglichkeiten von heute und der vinkulierten Namenaktie können wir den Gesellschafter in die Unternehmensentwicklung aktiv mit einbinden. Da wir auch die e-Mail-Adressen der Aktionäre haben, können Unternehmen über uns diese jederzeit erreichen.

Sie organisieren einen Teil des Marketings für die Unternehmen?

Genau. Unternehmen nutzen Social Marketing. Beispielsweise wird eine Mail an die Aktionäre versandt, in der für die nächste Woche eine Aktion angekündigt wird. Die Aktionäre aktivieren dann die eigenen sozialen Netzwerke mit der Nachricht. Angenommen ein Unternehmen hat 2000 Aktionäre und jeder von denen hat 100 Facebook-Freunde, dann haben sie Zugang zu 200 000 Kontakten ohne einen Euro dafür bezahlt zu haben. Social Marketing hat eine hohe Qualität, denn die Informationen gehen von privat zu privat. Für viele Unternehmen handelt sich daher um einen echten geldwerten Vorteil.

Erhalten Anleger auf ihrer Plattform die bekannten Informationen wie an einer Börse?

Wir gehen sogar deutlich darüber hinaus. Natürlich gibt es Prospekte wie bei anderen Emissionen von Wertpapieren auch. So wird es Unternehmensstudien geben, in denen der Markt, seine Dynamik, die Wettbewerbssituation und die Unternehmensplanung untersucht werden. Zudem bieten wir Investoren die Möglichkeit sich direkter zu informieren als das bei herkömmlichen Börsengängen der Fall ist.

Standards bei Transparenz und Dienstleistungen

Wie wollen Sie das erreichen?

Früher sind wir in einem gewissen Stadium mit den Unternehmen nach Frankfurt getigert und haben uns Analysten vorgestellt und das war es. Es wurde quasi stille Post gespielt, bis der Anleger etwas von dem Emittenten gehört hat. Und dann kamen die Informationen gefiltert an. Die Anleger hatten jedenfalls nie die Möglichkeit, das Management-Team direkt zu erreichen. Gerade bei jungen Wachstumsunternehmen ist genau dieses Team jedoch entscheidend für das Vertrauen und die Chancenbeurteilung. Können die Unternehmer ihre Idee präsentieren? Brennen sie für ihre Idee? Wie werden Fragen beantwortet? Wir transportieren diese Informationen mit Hilfe von Webinaren der Unternehmen, also Online-Videokonferenzen. In diesen Veranstaltungen gibt es dann beispielsweise Unternehmenspräsentationen, die der Interessent direkt sieht. Dort können schriftlich Fragen eingereicht werden. Die Fragen werden dann von einem Moderator nach Themenbereichen gebündelt und von den Unternehmern beantwortet. Neben der Papierdokumentation bekommt man also bei uns als Investor einen wertvollen Eindruck vom Management-Team.

Wie sehen regelmäßige Informationen der Unternehmen bei Bergfürst aus?

Wir verpflichten die Emittenten zu Quartalsberichten, zu Halbjahresberichten, Geschäftsberichten und wir verdichten diese Informationen zu ad-Hoc-Mitteilungen. Ferner bieten wir Investoren in Foren auf unserer Plattform die Möglichkeit, den Unternehmen Fragen zu stellen. Das ist ein weiteres attraktives Angebot für Anleger, denn diese müssen nicht ständig zwanzig Webseiten absurfen, um Informationen zu ihren Beteiligungen zu suchen.

Jedes Unternehmen wird zu Teilnahme am Forum auf der Plattform verpflichtet?

Ja. Wir managen dieses Forum und gehen bei Nichtbeantwortung von Investoren-Fragen dem auch selbst nach. Denn wir haben genau wie Investoren ein Interesse daran, dass relevante Informationen eingestellt werden. Eine transparente Informationspolitik im Forum ist auch von Emittenten gewollt. Denn solange Fragen nicht einzeln, sondern öffentlich beantwortet werden, entsteht auch keine Insider-Thematik.

Sie legen offenkundig viel Wert auf Transparenz. Warum?

Dauerhaftes Vertrauen entsteht nur mit einer offenen, transparenten Informationspolitik. Unternehmen und Unternehmer müssen lernen, dass die Finanzmärkte genauso Märkte sind, wie die eigenen Produkt- oder Dienstleistungsmärkte. Egal welche Information es ist, sie muss raus. Wenn Emittenten anfangen zu schweigen, dann wäre das eine Katastrophe, weil letztlich der Markt das Zutrauen verliert in den Wert.

Auch für die Hauptversammlungen haben Sie sich etwas einfallen lassen…

Wir veranstalten einmal im Jahr an einem oder zwei Tagen zentral hintereinander oder parallel die Hauptversammlung für alle Unternehmen. Das ist ein Novum, das für die Unternehmen, aber auch für die Anleger Sinn macht. Man kann schließlich nicht erwarten, dass ein Privatinvestor für 1000 Euro am Montag nach Kiel fährt und danach nach München. Bei einer zentralen Veranstaltung haben Investoren einen Anreiz, sich beispielsweise fünf Hauptversammlungen von eigenen Beteiligungen live anzuschauen. Zudem gewinnen andere Unternehmen dadurch neue Interessenten bei der Veranstaltung. Es kommt zu echter Kommunikation mit dem Management, aber auch der Investoren untereinander. Dann macht man abends eine Flasche Bier auf und legt ein Würstchen auf den Grill und hat ein Event in der echten Welt.

Bergfürst begleitet Unternehmen in einer bestimmten, frühen Phase des Wachstums. Wie kann der Exit erfolgreicher Unternehmen aussehen?

Das ist natürlich begrüßenswert. Wenn ein Unternehmen Kapitalmarkt und Investor Relations gelernt hat, dann ist eine Kapitalerhöhung auf unserer Plattform jederzeit möglich. Es kann darüber hinaus durchaus sein, dass das Unternehmen Appetit bekommt und einen regulären Börsengang durchführen will. Genauso ist ein Trade Sale möglich, dabei tritt meist ein Branchenunternehmen als möglicher Käufer auf den Plan. Kapitalerhöhungen für strategische Partner oder institutionelle Investoren sind natürlich auch denkbar unter Ausschluss des Bezugsrechts.

Sie haben den Standort Berlin gewählt. Wie kam es dazu?

Die Gründerszene Berlin ist sehr kreativ und dafür gibt es genügend Belege. Vor einigen Wochen war ein Gründer von Google hier in der Stadt und der bezeichnete Berlin als „den“ Standort in Europa. Zudem bin ich bin ein alter BHF-Bankler und ich habe eine große Verbundenheit zur Stadt Berlin. Ich bin der Auffassung, dass was hier in Berlin gerade passiert, das hatten wir schon mal vor mehr als 100 Jahren. Als Fürstenberg und Rathenau mit der Berliner Handelsgesellschaft angefangen haben und Startup-Unternehmen wie AEG und Siemens finanzierten. Es handelte sich damals um neue Technologien. Ich sehe in der modernen Zeit von heute eine vergleichbare Entwicklung. In der Tradition der Berliner Handelsgesellschaft stehen wir hier.

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Guido Sandler ist CEO der Crowdinvestment-Plattform Bergfürst (www.bergfuerst.com), die ab Herbst 2012 Privatanlegern die Möglichkeit bietet, sich als Venture Capital-Investor am Eigenkapital von Wachstumsunternehmen zu beteiligen und diese Beteiligungen dann wie an einer Aktienbörse zu handeln. Dafür hat Bergfürst ein Lizenz als Finanzdienstleister bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beantragt. Sandler hat schon einige Male die Finanzbranche mit neuen Konzepten revolutioniert: als Gründer der Berliner Effektenbank AG (1998), einer reinen Investmentbank, und der E*Trade Bank AG (1999), die sich auf das Discount Brokerage konzentrierte. Bis 2011 hat Sandler als Gründungspartner der W.V.M. Westfälische Vermögen Management AG entwicklungsfähige Unternehmensbeteiligungen identifiziert und sie nach Erwerb im Auftrag der Gesellschafter saniert und gemanagt. Alle Erfahrungen Sandlers zahlen auf das Crowdinvesting für Unternehmen ein: Er kennt die Regeln des Kapitalmarktes und ist als Unternehmer und Turnaround Manager ist er mit den Bedürfnissen von Gründern tief vertraut.

Das Interview erscheint zeitgleich im Messemagazin zum Börsentag Berlin 2012.

Artikelbild: Dr. Guido Sandler. Quelle: Bergfürst.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.