Dr. Klein & Co. AG: Leitzinssenkung – das Allheilmittel?
Anfang Mai entschloss sich die Europäische Zentralbank (EZB), den Hauptrefinanzierungssatz für Geschäftsbanken von 0,75% auf historisch niedrige 0,50% abzusenken.
Ob sich diese Maßnahme positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung der Euro-Zone auswirkt ist höchst fragwürdig. Sicher ist: Auf die Baufinanzierungszinsen in Deutschland hat dieses – generell eher symbolische – Instrument der EZB keinen Einfluss.
Auswirkungen auf die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen Die Baufinanzierungszinsen sind in den letzten vier Wochen bis zur Zinssenkung der EZB Anfang Mai zunächst gesunken, seitdem jedoch wieder auf das Niveau von Anfang/Mitte April angestiegen. „Da die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen in Deutschland nach wie vor eng mit der Schuldenkrise in Europa verbunden ist, gehen wir in den nächsten Wochen weiter von schwankenden Zinsen aus“, sagt Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher Dr. Klein & Co. AG.
„Immobilienfinanzierer sollten sich hierdurch nicht verunsichern lassen. Historisch gesehen war es noch nie so günstig, eine Immobilie zu finanzieren. Wichtig bei der Planung sind nach wie vor eine auf die Situation des Kunden zugeschnittene Zinsbindung – meistens eine möglichst lange – sowie Flexibilität in Form von Sondertilgungsmöglichkeiten und optionalen Tilgungssatzwechseln während der Darlehenslaufzeit.“
Hintergrund und Auswirkungen der erneuten Zinssenkung
Die wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten Monaten nicht weiter verbessert. Die Idee der erneuten Zinssenkung ist, den Geschäftsbanken noch mehr günstiges Geld zur Verfügung zu stellen, damit diese neue Kredite an Unternehmen und private Haushalte vergeben. Im Rahmen der aktuellen Schuldenkrise zeigt sich aber gerade, dass dieser Prozess in schwächelnden Volkswirtschaften wie Portugal, Spanien, Griechenland und Italien derzeit kaum funktioniert. Gerade kleinere Unternehmen dieser Länder zahlen immer noch eine hohe Risikoprämie auf Kredite, wenn sie überhaupt Kredite erhalten. Hintergrund ist die Risikoscheu der lokalen Banken, die sich gegen Kreditausfälle im Zuge der Rezession absichern wollen.
Der Nutzen der aktuellen Zinssenkung, zumal es immer eine erhebliche Zeitverzögerung gibt, darf somit für die Unternehmen bezweifelt werden. „Von dem ermäßigten Zinssatz profitieren aktuell nur die Banken und die Schuldenländer, die sich im Moment wieder zu günstigeren Zinssätzen am Kapitalmarkt refinanzieren können“, sagt Gawarecki. Es bleibt zu hoffen, dass der politische Reformwille damit nicht gebremst wird. Denn obwohl es in den letzten Wochen ruhiger um die Schuldenkrise geworden ist, ist diese noch lange nicht ausgestanden.
Neue EZB-Ideen zur Ankurbelung der Kreditvergabe in Europa
Da die EZB erkannt hat, dass der Mechanismus, die Wirtschaft durch günstigere Leitzinsen mit mehr Krediten zu versorgen, aktuell gestört ist, werden derzeit neue Ideen wie die Erhebung eines negativen Zinssatzes für Einlagen von Geschäftsbanken bei der EZB oder den Aufkauf von Asset Backed Securities (ABS) durch die EZB diskutiert. Letztere Idee wäre zwar durch das Mandat der EZB gedeckt. Es würde jedoch zu einem erneuten Tabubruch der EZB – nach dem Aufkauf von Staatsanleihen – kommen. Die Gefahr, dass die Risiken für die EZB-Bilanz auf Grund fauler Unternehmenskredite steigen, wäre nicht von der Hand zu weisen.
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