conwert: Euphemismus auf österreichisch
Ein Kommentar zum Geschäftsergebnis 2012 der conwert Immobilien Invest SE und über den richtigen Umgang mit Adjektiven.
Seit Beginn des Jahres kennt die im ATX der Wiener Börse gelistete Aktie der conwert Immobilien Invest SE nur eine Richtung: die nach Süden. Man konnte deshalb besonders auf das conwert Ergebnis 2012 gespannt sein. Bereits im Vorfeld gingen Analysten von einem Verlust in Höhe von etwa 132 Millionen Euro aus. Es war deshalb eine Überraschung, dass man in der Einleitung der conwert Pressemitteilung lesen konnte: „Die im österreichischen ATX gehandelte conwert Immobilien Invest SE hat das Geschäftsjahr 2012 erfolgreich abgeschlossen.“
Was man unter „erfolgreich“ versteht
Der deutsche Duden beschreibt das Adjektiv „erfolgreich“ mit „ein positives Ergebnis aufweisen“. Nun scheint man in Österreich unter erfolgreich etwas ganz anderes zu verstehen, denn die Geschäftszahlen von conwert sprechen eigentlich eine eindeutige Sprache. In Deutschland benutzen wir dafür das Wort katastrophal, in Österreich eben erfolgreich.
Man muss diese Spracheigenheiten kennen, sonst könnte es zu Verwirrungen kommen. Denn im Zahlenwerk von conwert findet man folgendes: Die Umsatzerlöse sanken im Vergleichszeitraum von 852,9 Mio. Euro um 26,7 Prozent auf 625,1 Mio. Euro was, laut conwert Pressebericht, vor allem durch planmäßig geringere Veräußerungserlöse von 409,6 Mio. Euro bedingt sei. Die Vermietungserlöse gingen aufgrund eines insgesamt deutlich kleineren Gesamtportfolios von 210,0 Mio. Euro um 10,4 Prozent auf 188,1 Mio. Euro zurück. Die Dienstleistungserlöse lagen mit 27,3 Mio. Euro aufgrund geringerer Verkaufsaktivitäten und -provisionen leicht unter dem Vorjahreswert von 29,5 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zu- und Abschreibungen ging um mehr als ein Fünftel auf 97,2 Mio. Euro zurück. Das Betriebsergebnis dreht von 119,9 Mio. Euro auf -58,5 Mio. Euro ins Minus.
Euphemismus
Johannes Meran, Vorsitzender des Verwaltungsrates der conwert, beschreibt die Zahlen so: »Im vergangen Jahr hat conwert wichtige strategische und operative Meilensteine für weiteres Wachstum gesetzt.« Aha, so teuer sind in Österreich also Meilensteine. Eigentlich muss man Herrn Meran dankbar sein. Selten kann man eine derart kreative Interpretation von katastrophalen, oder wie man in Österreich sagen würde „erfolgreichen“ Geschäftszahlen lesen. Ein echter Euphemismus auf österreichisch.
Übrigens: Ein Euphemismus ist laut Duden eine „mildernde Umschreibung für ein anstößiges oder unangenehmes Wort“.
Vergleich: KWG Kommunale Wohnen
Erst im März erhöhte conwert ihren Anteil an der im Entry Standard der Frankfurter Wertpapierbörse notierten KWG Kommunale Wohnen AG (KWG), mit Sitz in Hamburg, auf insgesamt 75,7 Prozent. Im Dezember 2012 hatte conwert bereits einen Mehrheitsanteil von rund 60 Prozent an der KWG übernommen. Mit der Akquisition rechnete sich conwert im Januar 2013 rund 9.700 Einheiten in Deutschland zu.
Zufällig veröffentlichte die KWG Ihre vorläufigen Geschäftszahlen 2012 einen Tag vor dem österreichischen Immobilienunternehmen. Bei dpa-AFX konnte man lesen: „Die Umsatzerlöse stiegen nach vorläufigen Zahlen im Geschäftsjahr 2012 auf EUR 27,9 Mio. nach EUR 21,7 Mio. im Vorjahr. Die Nettokaltmiete im KWG-Konzern erhöhte sich um 34% auf EUR 19,8 Mio. (Vj. EUR 14,8 Mio.).(…)So lagen die Nettomieteinnahmen im vierten Quartal 2012 mit EUR 5,5 Mio. deutlich über dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums von rund EUR 4 Mio. Die positive Entwicklung zeigt sich auch an den FFO (Funds from Operations), die mit EUR 2,3 Mio. gegenüber dem Vorjahr verdoppelt wurden. Gleichzeitig kletterte der NNNAV (Triple Net Asset Value) je Aktie von EUR 8,41 im Vorjahr auf EUR 11,19.“
In der Einleitung des Pressetextes der KWG ist zu lesen: „Die KWG Kommunale Wohnen AG,[…],hat nach vorläufigen Zahlen das Geschäftsjahr 2012 mit neuen Höchstständen bei Umsatz und Ergebnis abgeschlossen.“.
Letztlich muss man sich angesichts der Zahlen fragen, ob nicht die KWG die conwert hätte kaufen sollen. Der Umgang mit Adjektiven jedenfalls gelingt der KWG besser.