Apple – beginnt bald eine neue Ära?
Apple steht vor dem Umbruch und stößt an die Grenzen des Wachstums. Aus dem Stern könnte bald eine Milchkuh werden.
Apple wird aktuell scheinbar entzaubert an der NASDAQ. Die Apple-Anteilsscheine fielen zuletzt von 705 US-Dollar(USD) auf aktuell knapp 440 USD. Apple-Anhänger sind entsetzt. Die Aktie kannte vorher jahrelang nur eine Kursrichtung: aufwärts. Das war gerechtfertigt, da der Gewinn des Unternehmens mit der Kursentwicklung Schritt halten konnte.
Jetzt kommt das Unternehmen aber offenbar an die Grenzen seines Wachstums und immer höhere Gewinne sind damit auch nicht mehr drin. Andere Anbieter bei Tablets und Smartphones konnten zuletzt Marktanteile zurückerobern. Apple ist inzwischen jedoch unumstrittener Premiumanbieter, der bislang durch hohe Innovationskraft höhere Preise durchsetzen konnte. Als diese Kraft zuletzt erlahmte – ipod, ipad, iphone wurden nur noch geringfügig weiterentwickelt – erwiesen sich die hohen Erwartungen als Herausforderung. Die angebotenen Produkte sind letztlich fast ausgereift und Innovation ist ohne Steve Jobs offenbar schwieriger geworden. Zuletzt meldeten Medien, dass ein Apple-Lieferant seine Planungen für die Produktion von Bildschirmen zurückgefahren hatte. Das sind alles Hinweise darauf, dass Apple in Zukunft nur noch langsamer wachsen kann und das auch so sieht. Damit könnte auch den Aktionären eine neue Ära bevorstehen.
Günstige Börsenbewertung von Apple
Selbst bei geringerem Wachstum bleibt Apple eines der profitabelsten Unternehmen der Welt mit tollen Produkten, die Menschen begeistern und einen regelrechten Fankult bedienen. Aktuell bekommt man Anteile des Unternehmens zu einem 2013er-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von knapp unter 10. Zumindest sofern die Gewinnprognosen sich bewahrheiten. Apple ist in jedem Fall relativ günstig zu haben und dabei muss man gar nicht das überschätzte Facebook erwähnen. Microsoft bekommt man zurzeit zu einer Multiplen von 15. Mit seiner Bewertung befindet sich Apple aktuell auf einem Preisniveau mit Intel. Der Chiphersteller war auch einmal ein absoluter Highflyer, bevor das Unternehmen jetzt nur(!) noch Gewinne kassiert – ohne allerdings neue Wachstumsphantasien zu bedienen. Vielleicht ist Apple jetzt an diesem Punkt. Das Zeitalter der Milchkuh einzuläuten.
Lebenszyklus-Theorie
Hinter dieser Einschätzung steht der Gedanke, dass Unternehmen wie Produkte einen Lebenszyklus durchlaufen. Aus den Fragezeichen – hohes Wachstum und keine Gewinne – werden Sterne – hohes Wachstum und hohe Gewinne. Danach kommen die Aktien dann in das Stadium der Milchkühe – geringes Wachstum und hohe Gewinne. Die hohen Gewinne in der letzten profitablen Phase sind das Ergebnis aus Marktmacht und erarbeiteter Marktposition. Die genannten Unternehmen Intel und Microsoft sind gute Beispiele für solch eine Entwicklung. Man könnte auch formulieren: Dieser Schritt zeigt sich in dem Moment, wenn ein Unternehmen im Dow-Jones-Index aufgenommen wird. In dem Moment sind die Vergleichsunternehmen andere Kaliber als an der NASDAQ. Die Bewertung – gemessen am KGV – ist niedriger als zuvor. Diese Theorie ist angelehnt an die Konzepte von Unternehmensberatern.
Die Idee dafür stammt übrigens aus der Portfoliotheorie für Produktportfolien von Unternehmen. Die Begriffe dienten der Boston Consulting Group zur Beschreibung der vier Felder. Daraus leiten die Unternehmensberater Normstrategien ab. In einfachster Lesart sollten Unternehmen in allen drei beschriebenen Feldern Produkte im Rennen haben. Einzig bei den Armen Hunden (geringes Marktwachstum und eigene schwache Marktposition) sollten die Unternehmen desinvestieren – also die Produkte vom Markt nehmen.
Erinnerungen an 2008
Diese Hinweise hatte ich in ähnlicher Form schon vor einigen Jahren geschrieben. Damals reagierte ein Kollege – ein Apple-Fan unter dem Herrn – verschnupft. Apple verlor schon seinerzeit etwa die Hälfte seines Börsenwertes – von 200 auf 100 USD – und stieg dann erneut zu neuen Höhen auf. Auch jetzt gilt: Apples Wachstum muss nicht stagnieren und eine Börsenbewertung deutlich über dem aktuellen Niveau scheint nicht abwegig, wenn man sich anschaut, welche Kurse derzeit für das erwähnte Facebook aufgerufen werden – ein Unternehmen ohne nennenswerte Gewinne und mit viel Fantasie. Aber Anhänger von Apple-Aktien sollten durch die letzten Kursverluste gewarnt sein und Gewinne mitzunehmen ist auch nie falsch an der Börse, denn meist bekommt man später günstigere Einstiegsmöglichkeiten.
Wahrscheinlich ist jedoch, dass Apple sich strategisch in Zukunft auf das Halten der eigenen Marktposition ausrichten wird. Dann steht nicht mehr das Wachstum im Vordergrund, sondern das Sichern der Marktanteile und die Imagepflege. Auch so lässt es sich prima leben. Neben Intel ist Microsoft ein Beispiel für diese strategische Neuausrichtung. Der Kurs der MSFT-Aktie (Chart) zeigt das sehr schön. Seit zehn Jahren bewegte sich die Microsoft-Aktie mehr seitwärts als ansteigend. Typisch für eine Cashcow eben. Das Unternehmen bietet eine Dividendenrendite von etwas mehr als drei Prozent. Die Ausschüttungen haben zugenommen, da das Wachstum selbst durch Zukäufe kaum noch möglich ist. Microsoft muss sich wegen seiner Marktmacht immer wieder Kartellvorwürfe gefallen lassen. 2012 lag das Wachstum des Unternehmens bei 5,4 Prozent. Wenn Technologieanbieter ihr Cash-Konto nicht mehr für Wachstum ausgeben, sondern an die Aktionäre ausschütten, dann ist das ein erkennbares Zeichen dafür, dass aus einem Star eine Milchkuh wird. 2003 zahlte Microsoft übrigens seinen Aktionären erstmals eine Dividende. Seinerzeit verfügte Microsoft über 44 Milliarden an Cash-Reserven und schüttete mickrige 850 Millionen aus. Ein Anfang. Seit November 1999 notieren Microsoft und Intel im Dow-Jones-Index. Falls Apple demnächst in den Index geht, wäre auch das ein Zeichen.