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Der Black Swan – Wichtiger Teil des Spiels

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27. März 2012

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Der Black Swan – Wichtiger Teil des Spiels

Statt sich mit dem fast sicheren Ereignis zu beschäftigen, sollten Investoren und Unternehmen Notfallpläne entwerfen. Jeder schöne Plan kann zur Makulatur werden: Wenn das unerwartete Ereignis mit weitreichenden Konsequenzen zuschlägt. Der schwarze Schwan.

Beim Schwarzen-Schwan-Phänomen geht es nicht darum, ob ein Ereignis positive oder negative Auswirkungen mit sich bringt. Es geht nur um das Unwahrscheinliche, das Unerwartete. Denn solche Ereignisse verändern die Welt, da niemand mit diesem Ereignis gerechnet hat. Leider sind praktisch sämtliche Sicherungssysteme – inklusive der Risikosysteme von Banken – in unserer modernen Welt nach dem Prinzip des Gaußschen Durchschnitts konstruiert, halten also im Regelfall keine Notfallkonzepte für das extreme Ereignis vor. Gelegentlich könnte eine solche Herangehensweise vielleicht akzeptabel sein, aber in manchen Bereichen sind die Folgen derart verheerend, dass man eine Aktivität mit einem hohen Restrisiko einstellen sollte. Nehmen wir das Thema Atomkraftwerke. Ginge es nach Wahrscheinlichkeitsrechnern, dann hätten Tschernobyl, Harrisburg und Fukushima gar nicht in einem so engen Zeitfenster passieren dürfen. Sie ereigneten sich aber dennoch. Wir lernen daraus, wer mit Wahrscheinlichkeiten argumentiert, der will vor allem Risiken verschleiern.

Was ist ein Schwarzer Schwan?

  • Der Anschlag am 11. September 2001.
  • Die Reaktorkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011.
  • Tschernobyl Reaktorkatastrophe 24. April 1986.
  • Der Verkaufserfolg der Harry Potter-Bücher.

 

Ein einfaches Beispiel: Nehmen wir an, dass ein Flugzeugunglück statistisch alle drei Jahre vorkommt. Passiert heute so ein Unglück, könnte man etwas naiv argumentieren, dass der nächste Flugzeugabsturz erst in einigen Jahren wieder erfolgen sollte. Das ist natürlich Humbug, denn die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Absturzes hat sich nicht geändert durch das unerwartete, unerwünschte Ereignis. Übrigens genau deshalb scheitern auch Ideen am Roulette-Tisch, die auf Schwarz setzen nachdem Rot kam. Es gab in Spielbanken schon Serien mit mehr als 20 gleichen Ereignissen einfacher Chancen.

Es gibt eigentlich keine Alternative zu der Lektüre des Buches „Der Schwarze Schwan“ von Nassim Nicholas Taleb. Taleb war bereits in jungen Jahren Trader und hantierte mit Derivaten bei Banken. Er kritisiert heute die manchen Produkten zugrunde liegende Mathematik, die in allen Konzepten eine Gaußsche Glocke unterstellt. Damit ist gemeint, dass man bei der Konstruktion einer Prognose – das muss nicht am Finanzmarkt sein – eine Gleichverteilung und Häufung um den Mittelwert von Ereignissen unterstellt. Die Ränder werden dann vernachlässigt. Leider sind genau diese Randerscheinungen meist besonders dramatisch und verändern die jeweilig relevante Welt.

Systematisches Unterschätzen  des Black Swan in Finanzmodellen

Der Black Swan spielt bei den Überlegungen von Ökonomen und Politikern bislang zu selten eine Rolle, dabei hat das unerwartete Ereignis dramatische Folgen und kann beispielsweise eine ökonomische Planrechnung zum Einsturz bringen.

Unser gesamtes Finanzsystem ist als Schönwettersystem ausgelegt. Pleiten von Staaten und Großbanken kommen nicht vor und genau aus dieser Überlegung heraus ergibt sich die Euro-Panik und Orientierungslosigkeit des Jahres 2010/2011 im politischen Raum. Niemand kannte die Konsequenzen einer Staatspleite von Griechenland. Man wollte es einfach nie wissen.

Für Anleger: Wie Finanzpläne abgesichert werden

Genauso sorglos werden häufig Strategien bei Finanzprodukten aufgesetzt. Der Geldanleger sollte das wissen und seine eigenen Schlüsse für seine Produktauswahl und seine eigene Geldanlagestrategie daraus ziehen. Natürlich kann man sich nicht auf ein konkretes Ereignis vorbereiten, denn könnte man das, dann wäre das Ereignis nicht überraschend. Aber strategische Vorsorge ist schon möglich.

Bei den meisten komplexen Finanzkonzepten, die Anleger als Finanzprodukte kaufen können, wird der Ausreißer planerisch nicht berücksichtigt. Lehman Brothers hatte eine Ausfallwahrscheinlichkeit von zwei Prozent – so die Mathematiker vor dem Jahr 2008. Ferner gibt es viele Finanzprodukte, die im ungünstigsten Fall einen Totalverlust zulassen. Wer einmal einen Crashtag live am Bildschirm erlebt hat, der wird nie wieder behaupten, es sei Unfug sich auf den Schwarzen Schwan vorzubereiten.

Richtig ist: Jeder Anleger sollte eine individuelle Absicherung für solche Ereignisse suchen. So könnte ein Aktionär sein Vermögen durch eine Versicherung sichern. Nehmen wir an, dass er ein Kapital von 100.000 Euro hat und zwar zu 100 Prozent in Aktien investiert, dann könnte er auf die Idee kommen, sich mit Hilfe von Finanzprodukten (Put-Optionen oder Put-Optionsscheine) gegen stark fallende Kurse abzusichern. Wenn der Markt stattdessen steigt, dann kann der Anleger seine Sicherungen nachziehen und so für eine Versicherungsprämie das Risiko nach unten begrenzen.

Einen gewissen Schutz bietet die Streuung im Depot. Das schützt zwar nicht vor jedem Problem, aber die ganz schlimme Folge des Black Swan bei Besitz einer einzelnen Aktie kann meist vermieden werden. Das trifft freilich nicht bei einem Gesamtmarktcrash zu. Daneben gibt es natürlich noch weitere Mittel und Wege sich gegen Marktrisiken abzusichern. Eine weitere Idee der Absicherung besteht in kurzfristigen Engagements, wie sie professionelle Trader einsetzen. Das Kapital wird bei solchen Konzepten nur für kurze Zeit den Marktschwankungen überlassen. Aber egal wofür man sich entscheidet: Wer den Black Swan nicht planerisch berücksichtigt, der darf sich später nicht über Verluste beschweren.

Leseempfehlung.

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.