Wirtschaftszeitungen uneinig: Zahlt Italien niedrige oder hohe Zinsen?
Die grundsätzliche Ausrichtung von Medien bestimmt darüber, wie Wirtschaftsdaten interpretiert werden. Wie Handelsblatt und Financial Times über italienische Zinsen denken.
Am 30. August 2012 um 13.40 Uhr im Text „Italiens Zinsen sinken“. Der Featureteil in der Financial Times Deutschland über die Auktion für Staatsanleihen klingt so: „Italien hat sich frisches Geld geliehen – zu recht günstigen Konditionen. Der stabile Zinssatz zeigt, dass Investoren das Land unter der Regierung Monti auf dem richtigen Kurs wähnen.“ Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren rentierte bei einem Volumen von vier Milliarden Euro mit 5,82 Prozent. Bei der letzten Auktion am 30. Juli gingen die Papiere zu 5,96 Prozent weg. Die Financial Times Deutschland verweist zudem auf Staatspapiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren, um die positive Wirkung zu erläutern: Die Rendite sank von 5,29 Prozent auf 4,73 Prozent. Die Versteigerung der fünfjährigen Papiere brachte 2,5 Milliarden Euro ein.
Das Handelsblatt interpretiert die Zahlen leicht anders. Die Überschrift (12.32 Uhr) lautet: „Investoren kennen keine Gnade“. Die Bewertung lautet: „Italien hat neue Anleihen begeben – und musste dafür vergleichsweise viel zahlen. Die Wirkung von EZB-Chef Draghis Versprechen, den Euro um jeden Preis retten zu wollen, scheint nachzulassen.“
Es geht also bei der Interpretation offenbar darum, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist. Die Financial Times plädiert in der Krise eher für ein beherztes Eingreifen der Player im internationalen Spiel. Das entspricht einem angelsächsischem Verständnis. Das Handelsblatt interpretiert die Welt lieber aus Sicht der Bundesbank, die für Strukturreformen und gegen Konjunkturmaßnahmen argumentiert. Da ist es dann natürlich sinnvoll, die Nutzlosigkeit von Eingriffen der Europäischen Zentralbank zu betonen.
Richtig oder falsch gibt es ohnehin nicht in der Frage nach der angemessenen Zinshöhe. Richt ist: Italien zahlt weiterhin deutlich höhere Zinsen als Deutschland. Zu recht sagen die einen und dieser Spread sei ungerechtfertigt meinen die anderen. Suchen Sie sich etwas aus.